[Anzeige, da Rezensionsexemplar]
Mit “Vagabond” kehrt ein weiterer großer Mangaklassiker zurück auf dem deutschen Markt. In Japan erscheint Vagabond seit 1998 in Einzelkapiteln im Manga-Magazin Morning des Kodansha-Verlags. Aktuell sind 37 Einzelbände erschienen. Seit Mai 2015 pausiert die Veröffentlichung. Als Vorlage für den Manga diente der Roman Musashi von Yoshikawa Eiji. Sollte man sich also in der Geschichte des Protagonisten verlieren, hat man trotz der langen Pause und der ungewissen Zukunft der Reihe die Möglichkeit, seinen Werdegang bis zum Ende zu verfolgen.
Egmont Manga verlegte die Einzebände zum ersten Mal im Taschenbuchformat seit Oktober 2002. Die Ausgabe ist inzwischen verlagsvergriffen. Die Neuausgabe wird im übergroßen 2-in-1-Format auf den Markt kommen.
Text & Zeichnungen: Takehiko Inoue | Originaltitel: Vagabond | Übersetzung: Holger Hermann Haupt | Genre: Historisch, Drama | Demografische Zielgruppe: Seinen | Verlag: Egmont Manga| Preis: 24,00€ | mehr Informationen auf der Verlagsseite
Wie war’s?
Die Handlung beginnt im Jahr 1600, kurz nach der Schlacht von Sekigahara, die das Schicksal des feudalen Japans prägte. Im Zentrum der Geschichte stehen zwei junge Männer, Takezo Shinmen und Matahachi, die als Überlebende auf der Verliererseite dieser Schlacht in eine ungewisse Zukunft blicken. Während Matahachi schwach und entscheidungsunfähig wirkt und sich schließlich von Takezo trennt, verfolgt Takezo den ehrgeizigen Traum, der „stärkste Schwertkämpfer Japans“ zu werden. Dabei zeigt der Manga seine Wandlung von einem wilden, von Zorn und Brutalität getriebenen Jugendlichen zu einem Suchenden, der sich mit der eigenen Identität und den Konsequenzen seines Handelns auseinandersetzen muss.
Ein entscheidender Wendepunkt in der Handlung ist die Begegnung mit dem Mönch Takuan, der als moralischer und intellektueller Gegenspieler agiert. Takuan zwingt Takezo dazu, über seine Fehler und die Art seines Lebensstils nachzudenken, was den Fokus des ersten Bandes bildet. Neben der Hauptfigur stehen auch Nebencharaktere im Mittelpunkt, die mit eigenen Konflikten und Motivationen ausgestattet sind. Matahachi beispielsweise, der zunächst als sympathisch erscheint, macht wiederholt unkluge Entscheidungen, die seine Entwicklung ins Negative lenken. Otsu, Matahachis ehemalige Verlobte, zeigt hingegen eine Mischung aus Verletzlichkeit und Entschlossenheit, was sie zu einer vielschichtigen Figur macht.
Die Erzählweise ist vergleichsweise langsam, was der Tiefe der Geschichte zugutekommt. Inoue nimmt sich Zeit, die inneren Konflikte der Figuren darzustellen und ihre Entwicklung glaubwürdig zu gestalten. Diese narrative Entscheidung könnte jedoch Leserinnen und Leser, die schnelle Fortschritte und Action bevorzugen, herausfordern. Doch gerade die ruhige und reflektierende Erzählweise erlaubt es, die verschiedenen Ebenen der Geschichte – von der persönlichen Reise des Protagonisten bis hin zu den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Zeit – auszuleuchten.
Zielgruppe für “Vagabond” dürfte vor allem die ältere Leserschaft sein, die ein Interesse an historischen und philosophischen Themen mitbringt. Der Manga enthält einige Szenen von Gewalt und sexuellen Inhalten, die für das junge Publikum nicht geeignet sein könnten. Diese Darstellungen sind jedoch nicht für den Unterhaltungswert, sondern dienen der realistischen Darstellung der Härte der damaligen Lebensbedingungen.
Der visuelle Stil von “Vagabond” ist eines der markantesten Merkmale des Mangas und sicherlich mit der große Anziehungspunkt. Inoues Schwarz-Weiß-Illustrationen, haben durch den Einsatz von Schattierungen und Details eine außergewöhnliche Tiefe. Besonders die Darstellung von Bewegungen in den Kampfszenen und die natürliche Umgebung beeindrucken. Jede Seite wirkt durchdacht, von der Platzierung der Charaktere in den Panels bis hin zur Gestaltung der Hintergründe, die häufig Landschaften und Elemente der Natur in den Vordergrund rücken. Dies verstärkt den Eindruck, dass die Umgebung nicht nur Kulisse, sondern auch ein zentraler Teil der Erzählung ist.
Darüber hinaus gelingt es dem Mangaka hervorragend eine Balance zwischen Dynamik, Actions sowie Ruhe zu schaffen.
Aufgrund der Zeichnungen von Inoue ist Egmont Mangas Wahl für das übergroße Format aus meiner Sicht gerechtfertigt. Hier orientiert sich der Verlag auch in der in den Sozialen Medien durchaus oft gezeigten und beliebten VizBig-Ausgabe. Bei der US-Ausgabe handelt es sich im Gegensatz zum deutschen Release allerdings um eine 3-in-1-Version. Ähnlich wie in den USA dürfen sich Fans hierzulande aber über Farbseiten und ein Rückenbild freuen. Zu überzeugen weiß meiner Meinung nach auch die deutsche Cover-Gestaltung, die stimmiger wirkt als die der US-Ausgabe.
Fazit
Der erste Band von “Vagabond” bietet eine Einführung in eine vielschichtige Geschichte, die sich durch ihre detaillierte visuelle Gestaltung, eine langsame, aber eindringliche Charakterentwicklung und die Auseinandersetzung mit existenziellen Themen auszeichnet. Die narrative Tiefe und die künstlerische Qualität lassen den Titel meiner Meinung nach in den Adaptionen rund um der Legende von Miyamoto Musashi herausstechen.
“Vagabond” ist meiner Meinung für alle richtig, die historische Tiefe, philosophische Themen und eine kunstvolle Erzählweise schätzen. Und kein Problem damit haben, dass der Manga nicht beendet ist und vielleicht niemals sein wird.
Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Egmont Manga zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!