[Anzeige, da Rezensionsexemplar]
“Shimazaki in the Land of Peace” stammt von Gouten Hamada, die Zeichnungen von Takeshi Seshimo. Die Geschichte erscheint seit August 2022 unter dem Originaltitel “Heiwa no Kuni no Shimazaki e” im Seinen-Magazin Morning von Kodansha.
Kodansha hat die bislang veröffentlichten Kapitel zudem in bisher acht Sammelbänden herausgegeben (Stand Mai 2025). Im Jahr 2024 wurde der Manga mit dem renommierten Saito-Takao-Preis ausgezeichnet. Eine deutsche Übersetzung erscheint seit März 2025 bei Panini Manga.

Text: Gouten Hamada| Zeichnungen: Takeshi Seshimo | Originaltitel: Heiwa no Kuni no Shimazaki e | Übersetzung: Burkhard Höfler | Genre: Drama, Action, Slice of Life | Demografische Zielgruppe: Seinen | Verlag: Panini Manga | Preis: 8,99€ | der Manga auf der Verlagsseite

Wie war’s?
Die Geschichte folgt Shingo Shimazaki, einem Mann, der als Kind von der international agierenden Terrororganisation „League for Economic Liberation“ (LEL) entführt und über Jahrzehnte zu einem Elitesoldaten geformt wurde. Nun, dreißig Jahre später, gelingt ihm die Flucht. Er kehrt nach Japan zurück – in eine Heimat, die ihm fremd geworden ist. Seine Sehnsucht nach Frieden steht im Kontrast zur Vergangenheit, die ihn nicht loslässt, und zu einem weltpolitischen Klima, das instabiler ist denn je.
Dabei vermeidet der Manga eine plakative Darstellung. Die politischen Elemente, allen voran der jahrzehntelange Konflikt zwischen der LEL und der sogenannten „Internationalen Gemeinschaft“, werden nicht übermäßig erläutert, bilden aber die Grundlage für die psychologische und emotionale Tiefe der Geschichte. Die politische Unruhe ist Hintergrundrauschen, welches konstant vorhanden ist, aber sich selten in den Vordergrund stellt.
Shingo Shimazaki ist dabei kein typischer Actionprotagonist. Trotz seiner Vergangenheit als tödlicher Agent begegnet er seiner Umwelt mit auffallender Zurückhaltung, fast Schüchternheit. Er ist sozial unbeholfen, aber aufrichtig. Der Manga verzichtet bewusst auf gängige Tropen des stoischen, unnahbaren Helden. Stattdessen zeigen sie einen Mann, der durch Erziehung und Gewalt deformiert wurde, aber dennoch versucht, sich das Menschsein zu bewahren.
Gerade diese Ambivalenz macht die Figur besonders glaubwürdig. Shimazaki ist weder der eiskalte Killer mit weichem Kern noch der naive Held in gefährlicher Umgebung. Er ist ein vielschichtiger Mensch mit einem inneren Konflikt: zwischen alten Reflexen und neuen Wünschen, zwischen Gewalt und Alltag, zwischen Isolation und Gemeinschaft.
Takeshi Seshimos Artwork ist einer der größten Stärken des Werks. Es ist realistisch, ruhig, und unterstützt die Tonalität des Erzählten auf bemerkenswerte Weise. Shimazaki wird nicht als überzeichneter Superheld dargestellt, sondern als gewöhnlicher Mann mit außergewöhnlicher Vergangenheit. Die Zeichnungen sind ebenso in der Lage, stille Alltagsszenen wie die Zubereitung von Kaffee glaubwürdig darzustellen, wie auch spontane, explosive Kampfszenen.
Dabei gelingt es Seshimo, in Kampfszenen eine eigenartige Stille zu wahren. Die Gewalt wirkt selten effekthascherisch, sondern präzise, funktional und oft schockierend nüchtern. Diese stilistische Zurückhaltung sorgt dafür, dass die Action den Ton der Geschichte nicht dominiert, sondern sich harmonisch einfügt.
Die Erzählstruktur setzt auf langsames, stetiges Pacing. Jedes Kapitel endet mit einer leisen Ahnung von Gefahr, die nie übertrieben, aber spürbar dargestellt wird. Die Alltagssequenzen sind mit einem feinen Gespür für Melancholie und Hoffnung inszeniert. Besonders gelungen sind die kleinen Details: ein Gespräch über Kekse, ein Blick auf internationale Küche, eine Szene, in der Shimazaki ein Lob erhält und sichtbar verlegen wird.
“Shimazaki in the Land of Peace” ist tief durchdrungen von politischen und psychologischen Themen. Es geht um Terrorismus, Gehirnwäsche, nationale Identität, soziale Isolation und posttraumatische Belastung. Der Ton bleibt jedoch stets zurückhaltend und vermeidet Pathos. Vielmehr schwingt eine konstante Grundmelancholie mit, gepaart mit seltenen, dafür umso stärkeren Momenten echter Hoffnung.
Interessant ist auch, die Art und Weise, wie der Manga das Thema “Frieden” verhandelt. Frieden ist hier kein Zustand, sondern ein ständiger Prozess. Shimazakis Streben danach ist glaubwürdig, aber nicht naiv. Er weiß, dass der Frieden, den er sucht, jederzeit zerschlagen werden kann.
Panini Manga bringt die Reihe in seinem handelsüblichen Taschenbuchformat heraus. Farbseiten gitb es im ersten Band keine. Als Extra liegt eine Artprint in Postkartengröße bei, der die Coverillustration zeigt.
Fazit
“Shimazaki in the Land of Peace” ist ein Manga, der zwei sehr unterschiedliche Genres – Spionage-Action und Slice-of-Life – auf natürliche Weise miteinander verbindet. Die Geschichte ist langsam, vielschichtig und emotional aufrichtig erzählt. Wer schnelle Action, einfache Antworten oder klischeehafte Figuren erwartet, wird hier sicherlich nicht den richtigen Titel für sich finden.
Wer jedoch Interesse an einer sensibel erzählten Geschichte über Trauma, Identität und die Suche nach einem Platz in der Welt hat, sollte “Shimazaki in the Land of Peace” eine Chance geben.

Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Panini Manga zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!



