[Anzeige, da Rezensionsexemplar]
“Secret Life of Corporate Flowers – On & Off” von Shinnosuke Kanazawa begann ursprünglich im April 2023 als Webcomic auf Twitter, wechselte im Mai desselben Jahres auf Pixiv und wurde im Dezember schließlich von Square Enix übernommen, wo er seitdem auf der Gangan Pixiv-Plattform erscheint. Mittlerweile umfasst die Reihe drei Bände (Stand: Januar 2025) und ist auch international via Manga Up! Global auf Englisch verfügbar.
Dort habe ich kurz vor der Bekanntgabe der Lizenz durch Hayabusa auch bereits in die Reihe reingeschnuppert.

Text & Zeichnungen: Shinnosuke Kanazawa | Originaltitel: Kaisha to Shiseikatsu: On to Off | Übersetzung: Ekaterina Mikulich | Genre: Slice of Life | Demografische Zielgruppe: Josei | Verlag: Hayabusa | Preis: 10,00€ | mehr Informationen auf der Verlagsseite

Wie war’s?
Im Zentrum der Geschichte stehen die beiden 27-jährigen Angestellten Amada Kanatarou und Sakahisa Akira, die sich kaum kennen, obwohl sie im selben Unternehmen arbeiten. Während Amada im Büro als charismatischer, gutaussehender Kollege gilt, lebt er seine Freizeit in aufwendigen Lolita-Outfits. Sakahisa dagegen wirkt im Arbeitsalltag distanziert und kühl, verwandelt sich privat aber in eine selbstbewusste Punk-Girl-Persona.
Die beiden begegnen sich zufällig im Privatleben, ohne voneinander zu wissen, dass sie Kollegen sind. Ein klassisches Spiel von „On“ und „Off“, zwischen Beruf und Privatleben. Ihrer ersten flüchtigen Begegnung folgt ein Missgeschick und endet mit dem Austausch von Kontaktdaten, was zu einem stiller Anfang für eine potenziell tiefere Verbindung wird.
Wer den ersten Band liest, wird womöglich überrascht sein: Die Handlung kommt nur langsam in Fahrt. Viel Raum wird der Einführung des Konzepts gewidmet, und dabei werden bestimmte Elemente mehrfach wiederholt. Eine Erzählweise, die sich aus der ursprünglichen Veröffentlichung über soziale Medien erklärt. Kapitel sind kurz, die Szenen oft reduziert.
Ein langsamer Aufbau, der doch ermüdet. Die Charaktere verhalten sich konsistent, was einerseits Authentizität verleiht, andererseits aber auch dazu führt, dass die angedeuteten “Doppelleben” eher als ästhetische Spielart denn als psychologische Tiefe erscheinen. Die inneren Konflikte, die man bei solch einem Setting erwarten könnte, werden (zumindest im ersten Band) nur angedeutet. Wer auf Spannung oder dramatische Enthüllungen hofft, könnte enttäuscht sein.
Trotz der erzählerischen Zurückhaltung weiß „On & Off“ vor allem durch seine visuelle Gestaltung zu überzeugen. Die Zeichnungen sind detailverliebt, stilvoll und ästhetisch hochwertig. Besonders die Mode-Outfits der Protagonist*innen sind mit viel Hingabe gestaltet, was dem Manga einen fast illustrativen Charakter verleiht. Einzelne Seiten wirken wie sorgfältig inszenierte Standbilder, wenn auch die Hintergründe sehr einfach gehalten sind, weshalb aus meiner Sicht hier ein Großformat nicht unbedingt nötig gewesen wäre, um die Hauptelemente der Geschichte wirken zu lassen.
Hinzu kommt eine angenehm ruhige Chemie zwischen den Figuren. Die Beziehung zwischen Amada und Sakahisa entwickelt sich behutsam und auf Augenhöhe. Trotz (oder gerade wegen) ihrer gegensätzlichen Stile harmonieren sie in ihrer zurückhaltenden Art erstaunlich gut. Beide sind keine „lauten“ Charaktere, was dem Manga einen stillen Charme verleiht.
Positiv aus meiner Sicht auch: Dass Amada als Mann gerne Kleider trägt, wird nicht problematisiert. Es wird auch kein großes Thema daraus gemacht. Seine Erscheinung in Lolita-Mode ist ein Teil seiner Persönlichkeit – nicht erklärungsbedürftig, nicht schockierend, einfach da. Ebenso selbstverständlich wird Sakahisas rebellischer Look behandelt. Diese Normalisierung von Selbstdarstellung, ohne sie zu dramatisieren oder ins Lächerliche zu ziehen, ist einer der leisen, aber nachhaltigen Pluspunkte des Werks.
So sehr das visuelle Konzept begeistert, bleibt der narrative Teil hinter den Erwartungen zurück. Das Gleichgewicht zwischen Bild und Text ist stark zu Gunsten der Optik verschoben. Dialoge sind spärlich, Handlung minimalistisch. Für den relativ hohen Preis (insbesondere der Printausgabe) erhält man zwar ein ästhetisch hochwertiges Produkt, aber eben auch eine Geschichte, die man in wenigen Minuten gelesen hat.
Von Hayabusa wird neben dem Großformat der Band in der ersten Auflage mit einer SNS-Card ausgestattet.
Fazit
“Secret Life of Corporate Flowers – On & Off” ist kein Manga, den man unbedingt wegen einer tiefen Handlung liest, sondern wegen seiner Stimmung, seiner Ästhetik, und dem subtilen Zusammenspiel zweier Charaktere, die mehr verbindet, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Wer sich auf das langsame Tempo einlässt und ein Auge für modische Details hat, wird hier eine stille, charmante Geschichte entdecken, die nicht laut sein will und gerade deshalb einen eigenen Reiz entwickelt.