[Anzeige, da Rezensionsexemplar]
Der Manga wurde zunächst 2017 auf der Plattform Twitter gestartet, ehe er ab Juli 2018 vom Verlag East Press im Online-Magazin Mato Grosso publiziert wurde. Die Geschichte wurde im Januar 2022 abgeschlossen. Der Verlag brachte die Kapitel auch gesammelt in vier Bänden heraus. Seit März 2025 erscheint die Serie in deutscher Übersetzung bei Splitter Manga+ und ist der einzige Titel mit japanischem Ursprung im ersten Manga-Programm des Bielefelder Verlags.
2024 erhielt die Reihe zudem eine Anime-Adaption mit 13 Episoden.

Text & Zeichnungen: noho | Originaltitel: Tonari no Youkai-san | Übersetzung: Janett Blesch | Genre: Slice of Life, Fantasy | Verlag: Splitter Manga+ | Preis: 10,50€ | mehr Informationen auf der Verlagsseite

Wie war’s?
Die Grundidee von “Mein Nachbar Yokai” ist schlicht. In einem alternativen, aber vertrauten Japan leben Menschen und übernatürliche Wesen, sogenannte Yokai, Seite an Seite, als wären sie Teil derselben Gesellschaft. Sie arbeiten, gehen zur Schule, erledigen Behördenwege und erleben alltägliche wie außergewöhnliche Momente gemeinsam. Dieser Ansatz, der das Fantastische ganz selbstverständlich in den Alltag einbindet, verleiht dem Manga eine besondere Magie, ohne je aufdringlich zu wirken.
Im Mittelpunkt des ersten Bandes steht Buchio, ein alter Hauskater, der sich mit 20 Jahren plötzlich in einen Nekomata verwandelt, einen sprechenden Katzen-Yokai mit gespaltener Schwanzspitze. Seine neue Existenz stellt ihn vor existentielle Fragen. Warum hat er sich verwandelt? Was bedeutet es, ein Yokai zu sein? Wer ist er jetzt? Neben ihm treten weitere Figuren wie der mächtige, aber rätselhafte Tengu Jiro, die lebhafte Mutsumi oder die verwandelungskundige Kitsune Yuri in Erscheinung. Alle Charaktere sind liebevoll gezeichnet und entfalten nach und nach eigene Schichten und Geschichten.
Das Erzähltempo von “Mein Nachbar Yokai” ist bewusst langsam. Hier geht es nicht um epische Kämpfe oder spektakuläre Wendungen, sondern um das genaue Hinsehen, das Lauschen und das Begreifen kleiner Gesten und großer Fragen. Die Kapitel sind kurz, aber präzise. Kleine Mosaiksteine eines größeren Ganzen. Dabei gelingt es der Mangaka, ernste Themen wie Verlust, Identitätssuche, Verantwortung und Akzeptanz einfühlsam und natürlich in die Handlung zu integrieren.
Besonders hervorzuheben ist die visuelle Gestaltung des Mangas. Der Zeichenstil ist weich, rund und fast tröstlich, dabei jedoch detailreich. Die Landschaften von Fuchigamori mit ihren wogenden Gräsern, tiefen Wäldern und sonnendurchfluteten Gassen verströmen eine friedvolle Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt. Auch die Mimik der Figuren, sei es Buchios Skepsis, Mutsumis kindliche Neugier oder Jiros stille Melancholie, ist feinfühlig umgesetzt.
Obwohl “Mein Nachbar Yokai” eindeutig dem Slice-of-Life-Genre zuzuordnen ist, mangelt es nicht an Spannungselementen. Die Dramatik entfaltet sich leise, in Fragen, Blicken und kleinen Bedrohungen, die am Horizont auftauchen. Gerade diese Zurückhaltung macht den Reiz aus. Die Geschichte ist gespickt mit feinsinnigen Beobachtungen und entwickelt ihre emotionale Tiefe ohne Pathos, aber mit Wirkung.
Die Themen, die verhandelt werden, wie Erwachsenwerden, Zugehörigkeit und der Umgang mit Andersartigkeit, lassen sich als Metaphern auf unsere reale Welt lesen. Buchios Transformation erinnert stark an die Unsicherheiten des Erwachsenwerdens. Neue Pflichten, Identitätsfragen, der Bruch mit der bisherigen Rolle – all das spiegelt sich in seiner Yokai-Werdung wider.
Splitter Manga + bringt den Manga im handelsüblichen Taschenbuch heraus. Farbseiten oder Beilagen-Extras gibt es im ersten Band der Reihe keine.
Fazit
“Mein Nachbar Yokai” ist ein sanfter Manga über das Zusammenleben von Menschen und Geistern und damit auch über das Leben selbst. Wer temporeiche Action sucht, wird hier nicht fündig. Doch wer bereit ist, sich auf eine ruhige Geschichte einzulassen, wird mit einem tiefgründigen und herzerwärmenden Leseerlebnis belohnt. Die Charaktere wachsen einem schnell ans Herz, die Welt wirkt glaubhaft und voller kleiner Wunder und die Zeichnungen tragen zur angenehmen, beinahe meditativen Stimmung bei.
Für Fans von Werken wie Natsume’s Book of Friends oder Mushishi ist dieser Titel eine klare Empfehlung. Und für alle, die sich nach einer Geschichte sehnen, die nicht laut ist, aber lange nachhallt.

Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Splitter zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!