[Anzeige, da Rezensionsexemplar]
Mila Superstar ist die Heldin einer ganzen Generation von Manga und Animefans der 90er-Jahre. Der Manga zum Anime erschien in Japan bereits vom Januar 1968 bis November 1970 in dem Shojo-Magazin Margaret unter dem Namen “Attack No. 1”.
Nach über 50 Jahren bringt Egmont Manga die Reihe von Chikako Urano nun in einer Hardcover-Ausgabe mit Rückenbild. Insgesamt wird die zwölfbändige Reihe von Egmont in vier Sammelbänden aufgeteilt.
Aufgrund der großen Nostalgie rund um Mila Superstar, hat sich Egmont dazu entschlossen, den Namen der Protagonistin in der in den 90er-Jahren eingedeutschten Variante Mila zu belassen und nicht den japanischen Originalnamen Kozue zu verwenden.
Text & Zeichnungen: Chikako Urano| Originaltitel: Attack No. 1 | Übersetzung: Yuko Keller | Verlag: Egmont Manga | Zielgruppe: Shojo| Genre: Slice-of-Life, Sport| Preis: 25,00€ | Hardcover im Großformat | In vier Bänden abgeschlossen | Weitere Informationen & Leseprobe
Wie war’s?
Mila zieht aufgrund einer schweren Lungenkrankheit von Tokio zu Onkel und Tante aufs Land nach Fujimigahara, wo sie in der Schule gleich wieder vom Volleyball fasziniert ist. Gerade erst an der neuen Schule angekommen, fällt sie sofort durch ihren rebellischen und extrovertierten Charakter auf. Mila hat das Ziel, ein großer Volleyball-Star zu werden. Ihre große Wettbewerbsfähigkeit, das angeborenes Talent und die Fähigkeit, die Menschen um sie herum zu einer starken und entschlossenen Gruppe zu vereinen scheinen ihr bei diesem Ziel zu helfen.
Das Erste, was ins Auge fällt, ist der Zeichenstil. Mila ist in den 60er/70er-Jahren entstanden und das sieht man dem Manga auch an. Die Zeichentechnik im Mangabereich hat sich im Laufe der Jahrzehnte enorm verändert und für Leser*innen des modernen Mangas dürfte der Stil ungewohnt sein.
Der Stil von Mangaka Chikako Urano steht ganz in der Tradition des Shojo-Mangas der 1960er-Jahre und auch der Einfluss von Tezuka lässt sich nicht verleugnen. Wie alle Shojo dieser Ära haben die Mädchen in Mila Superstar große, strahlende Augen.
Die Panels sind durch Linien voneinander abgegrenzt. Hintergründe gibt es wenig und wenn sind diese recht einfach gehalten. Die heute schon fast typische Rasterfolie, die Leser*innen aus dem modernen Manga kennen, gibt es in Mila Superstar nicht. Die Kontraste sind hart und ohne Abstufungen abgebildet.
Wenn man über den visuellen Aspekt hinwegsehen kann, betritt man eine Welt, die den Weg für die heutigen Manga-Veröffentlichungen geebnet hat. Mila Superstar kann als einer der wichtigen Vorläufer des modernen Sportmangas gesehen werden. Die Volleyball-Geschichte rund um Mila gehört zudem zu den ersten Sporttiteln, die in einem Mädchen-Magazin erschienen waren.
Viele verwendete Themen werden begeisterte Leser*innen auch im heutigen Sportmanga wiederfinden. So unter anderem das noch heute bekannte Muster, bei denen eine Figur, die ein Gegner ist, sehr bald zu einem guten Freund wird. Milas beste Freundin Midori Hayakawa ist so zunächst die hasserfüllte Rivalin.
Gleichzeitig ist es ein Sportmanga, der sich von den modernen Geschichten dadurch unterscheidet, dass die Turniere und Wettkämpfe, an denen Mila teilnimmt, nie länger als zwanzig Seiten dauern. Während heute Kapitel um Kapitel für einen Wettkampf genutzt werden, scheint es der Autorin in Mila vor allem um die Dinge neben dem Volleyball Court zu gehen.
Was Chikako Urano abbildet, ist nicht so sehr der Sport an sich, sondern das Leben von ihrer Hauptfigur Mila. Aber es sind immer Ereignisse im Zusammenhang mit dem Sport, die es Mila ermöglichen, die Menschen um sie herum zu verstehen, sich selbst zu betrachten und dadurch zu reifen. Der Volleyball ist es, der alle Figuren und Ereignisse der Reihe miteinander verbindet.
Der Manga gibt aber nicht nur einen Einblick in den frühen Sport-Manga und Shojo-Manga, sondern auch das historische und kulturelle Japan der 60er-Jahre. Das Konzept des Volleyballs im Jahr 2021 und als Sportart im Allgemeinen ist recht einfach, aber das war es 1968 ganz und gar nicht, vor allem nicht in Japan. In der Nachkriegszeit wurden Frauen im gesellschaftlichen Leben des Landes nicht viel beachtet, geschweige denn im Sport. Von einer Gleichstellung der Geschlechter war keine Rede. Es war also nicht leicht für die Protagonistin, sich in dieser Welt der Trainer zurechtzufinden, die weibliche Spielerinnen schlagen und beleidigen, als wäre das völlig normal. Bereits im ersten Band entdecken wir viele Elemente, die heute “seltsam” erscheinen mögen, es aber zu jener Zeit nicht waren.
Mila spielt in einem System, das auf Schikanen und körperlicher Züchtigung basiert, in dem es normal ist, von älteren Schüler*innen bestraft zu werden, und in dem es normal ist, dass Lehrer ihre Schüler*innen schlagen. Mila als Protagonistin wendet sich von diesem System aber nicht komplett ab. So ist sie zwar zunächst rebellisch gegen die gewalttätigen und autoritären Behandlungen durch den Trainer, als sie jedoch den Nutzen erkennt und die Mannschaft durch die Methoden stärker wird, hält sie diese Herangehensweise selbst für richtig.
Erzählerisch ist der erste Band von ständigen Veränderungen und Problemen gespickt, die sich in Milas Freundeskreis und in den Teams, gegen die sie antritt, abspielen. In der Anfangsphase sorgt das für Spannung und man hat Spaß daran, Mila auf ihrem Weg zu begleiten. Doch es zeigen sich auch Grenzen dieses Erzählstils auf. Die Ereignisse beginnen einem banalen Muster zu folgen. Es geht um Nuancen, aber insgesamt wird die Formel sehr bald repetitiv und eintönig.
Darüber hinaus werden viele Probleme in einer hohen Geschwindigkeit überwunden und vergessen, was ihnen die Bedeutung in der Entwicklung der Protagonistin rauben kann.
Trotzdem liefert Urano – vor allem wenn man den historischen Kontext betrachtet – eine starke Heldin. Mila war nicht wie die Protagonistinnen der Vergangenheit, die von einem Elend in das andere gestoßen wurde, bis jemand sie rettete. Stattdessen stellte sie sich ihren Problemen auf und neben dem Volleyball-Platz und überwindet sie durch Beharrlichkeit und Teamwork. Ähnliches trifft auch auf ihre beste Freundin Midori zu. Neben Mila kommt ihr in den ersten drei Bänden ein besonderer großer Entfaltungsraum zu. Die anderen Spielerinnen kommen hingegen deutlich kürzer, können aber zum Großteil durch Kampfgeist überzeugen.
Egmont Manga bringt den Titel in einem Großformat im Hardcover. Die Bindung ist hochwertig. Nicht ganz so gut gelungen ist indes die Papierdicke, was eventuell auch mit der aktuellen Situation auf dem Papiermarkt zusammenhängt. Das Papier der Luxury Edition ist recht dünn, was gerade in Kombination mit vielen weißen Flächen durch den kontrastreichen Stil dazu führt, dass viele Linien von der gegenüberliegenden Buchseite durchscheinen.
Darüber hinaus erhält man ein Hardcover-Einband mit einem Buchrückenbild, welches sich über die gesamten Bände erstrecken wird.
Fazit
Sieht man von einigen erzählerischen Schwächen ab, ist Mila Superstar ein Manga, der neben den großen Nostalgikern, für die die Volleyballerin die Heldin der Kindheit ist, vor allem Fans von historischen Mangawerken gefallen dürfte. Mila Superstar liefert einen interessanten Einblick in die Geschichte des Shojo-Mangas, in dem sich in den 60er-Jahren charakterstarke Heldinnen herausbildeten, die keine Lust mehr hatten auf den Prinzen zu warten, der sie rettet.
Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Egmont Manga zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!