Mit “Thunder 3” möchte ich euch heute einen neuen Shonen-Manga vorstellen, der seit Mai bei Panini Manga erscheint. Der Manga stammt aus der Feder von Yuki Ikeda und erscheint seit Mai 2022 im Monthly Shonen Magazine von Kodansha. Stand jetzt (Juni 2024) umfasst die Reihe sechs Tankôbon-Bände.
Die Serie wurde für den Next Manga Award 2022 in der Kategorie Print-Manga nominiert. Sie belegte den vierten Platz auf Takarajimashas Kono Manga ga Sugoi! Liste der besten Manga des Jahres 2024 für männliche Leser.
Text & Zeichnungen: Yuki Ikeda | Originaltitel: Thunder 3 | Übersetzung: Martin Gericke | Genre: Science-Fiction, Drama | Demografische Zielgruppe: Shonen | Verlag: Panini | Preis: 8,99€ | mehr Informationen auf der Verlagsseite
Wie war’s?
“Thunder 3” ist die Geschichte dreier Oberschüler, die wegen ihrer geringen Körpergröße Small 3 genannt werden. In einem sehr retro-orientierten Manga-Stil, der an die Shonens der 60er Jahre erinnert, begleitet der Leser den banalen Alltag der drei Freunde: Pyontaro, der von seiner süßen kleinen Schwester Futaba vergöttert wird, Tsubame und Hiroshi. Der Alltag der drei Jungen ändert sich, als sie eines Tages von ihrem Lieblingslehrer eine CD erhalten, die eine Tür in eine andere Welt öffnen soll.
Nachdem sie dieses “Spiel” auf der PS5 von Pyontaros Vater installiert haben, öffnet sich tatsächlich ein Bildschirm mit einer virtuellen Welt. Doch mehr passiert nicht. Doch als sich die drei Freunde abwenden, wird Futuba unglücklicherweise in diese andere Dimension gezogen. Verzweifelt machen sich die drei auf die Suche nach Pyontaros kleinen Schwester und entdecken eine seltsame Welt, die zwar ihrer eigenen ähnelt, in der die Menschen sie aber für Anime-Figuren halten und Aliens die Stadt bevölkern.
“Thunder 3” ist ein Manga, der einen nicht mehr loslässt, egal ob man sich für Science-Fiction-Geschichten interessiert oder nicht. “Thunder 3” ist vielleicht der ungewöhnlichste Titel des Jahres 2024, allein schon wegen seines Multiversums, das den Leser in eine abstrakte Handlung hineinzieht, und vor allem wegen seines gewagten Stilmixes, in dem der Zeichner zwei sehr unterschiedliche grafische Welten miteinander verbindet. Geschickt verwendet Ikeda altmodische, humorvolle Elemente, die an klassische Shonen-Mangas erinnern, um die Geschichte einzuleiten.
Diese nostalgischen Anklänge sorgen dafür, dass sich der Leser zunächst in einer scheinbar einfachen, aber charmanten Welt wiederfindet. Mit einfachen Zeichnungen und einer Aufteilung der Panels in eher kleine Kästchen begegnet man einem Stil, den man von Titeln aus der Zeit Osamu Tezukas kennt. Diese nostalgische Ästhetik wird durch die Namen der Charaktere verstärkt, die Anspielungen auf bekannte Mangaka und Figuren enthalten. So sind Azuma Tsubame und Pyontaro Tezuka wohl nach Azuma Hideo, Tsubame Kamogawa und Osamu Tezuka benannt. Hiroshi Ochanomizu, eine wiederkehrende Figur in Tezukas Astro Boy-Serie, wird ebenfalls erwähnt. Dies verleiht dem Manga eine zusätzliche Metaebene und zeigt Ikedas Liebe zum Detail und zur Manga-Geschichte.
Doch schon bald zeigt sich die Komplexität der Handlung, als die Figuren die Grenzen ihrer Realität überschreiten. Mit dem Übergang in das Paralleluniversum verändert sich auch die grafische Darstellung dramatisch. Der zuvor kindliche und einfache Zeichenstil weicht einer sehr viel realistischeren und detailreicheren grafischen Welt.
Diese neue Welt ist geprägt von einem Charakterdesign und fotorealistischen Hintergründen, die stark an die Arbeiten von Hiroya Oku erinnern und vermuten lassen, dass es sich bei Yuki Ikeda um ein Pseudonym des Gantz-Mangakas oder einen seiner Assistenten handelt, der sich hier an seinem ersten Solomanga versucht.
Durch die Vermischung der Stile entsteht eine spannungsreiche Diskrepanz. Die Figuren finden sich in einer Welt wieder, die ihrer eigenen ähnelt und doch ganz anders zu sein scheint. Hinzu kommt eine gehörige Portion Science-Fiction, die durch gigantische und detailreiche Raumschiffe wunderbar illustriert wird. Und trotz ihres harmlosen Aussehens sind unsere drei Helden in der Lage, gewaltige Explosionen auszulösen und monströse Raketenangriffe zu überleben. Der Manga bietet mehrere Leseebenen, viele Anspielungen auf die japanische Popkultur und viel Humor.
Der erste Band ist eine Einführung in die Charaktere und die Handlung, und wir sind noch dabei, die Welt zu entdecken, in der sich die Charaktere befinden. Die Mangaka wirft einige Fragen auf, die in den folgenden Bänden für Spannung sorgen könnten. Noch wissen wir nicht genau, was die Aliens eigentlich vorhaben und auch die Frage, wie die drei Freunde nach der Rettung von Futaba wieder in ihre Welt zurückkehren, bleibt offen.
Panini Manga bringt den Manga im handelsüblichen Taschenbuchformat heraus. Farbseiten gibt es keine, dafür können sich die Fans über zwei Extras freuen. In der Erstauflage des Auftaktbandes gibt es eine Postkarte mit dem Titelbild sowie eine SNS-Card mit den drei Protagonisten.
Fazit
“Thunder 3” ist vielleicht der ungewöhnlichste Titel des Jahres 2024, nicht nur wegen seines Multiversums, sondern auch wegen seines mutigen grafischen Experiments. Yuki Ikeda gelingt es meisterhaft, zwei stilistisch unterschiedliche Welten miteinander zu verbinden und den Leser auf eine visuell faszinierende Reise mitzunehmen. Man sollte sich auf keinen Fall von den ersten Seiten abschrecken lassen, denn dann wird man mit einem wirklich originellen Titel belohnt, der Lesevergnügen bereitet und interessante Ansätze bereithält.
