Herzlich willkommen auf meinem Mangablog. Hier findet ihr Rezensionen zu deutschen und englischen Manga sowie Beiträge über Themen und Aspekte, die mich an dem Medium interessieren. Ab und an schaue ich auch über den Tellerrand hinaus und schnuppere in Comic-Kunst abseits Japans hinein.

Luciole Has a Dream - Manga Review

Luciole Has a Dream (Band 1)

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“Luciole Has a Dream” ist ein Manga von Yuu Morikawa, einer Mangaka, die vor allem durch “Mr. Villain’s Day Off” bekannt wurde. Eine Serie, die nicht nur große Popularität erlangte, sondern auch eine laufende Anime-Adaption erhielt. Luciole Has a Dream wurde ursprünglich ab dem 24. Mai 2021 im Shojo-Magazin Asuka serialisiert, wobei die Veröffentlichung aktuell pausiert. Das Werk gehört den Genres Abenteuer und Fantasy an. Eine englische Übersetzung durch Yen Press wurde am 17. Dezember 2024 veröffentlicht.

Ich war zunächst unentschlossen, ob ich den Manga lesen sollte, da ich keine besonders geduldige Person bin, wenn es um pausierende Reihen geht. Dennoch konnte ich aufgrund meiner positiven Erfahrungen mit Morikawas bisherigen Werken nicht an Luciole Has a Dream vorbeigehen.

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Story&Zeichnungen: Yuu Morikawa | Originaltitel: Luciole wa Yume wo Miru | Genre: Fantasy | Demografische Zielgruppe: Shojo| Verlag: Yen Press | Aktueller Preis bei Walt’s: 17,33€ (Stand: 25.02.2025) | Der Manga bei Walt’s Comic Shop

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Wie war’s?

Die Erzählung beginnt mit der Perspektive eines jungen Protagonisten, Luciole, der ohne Erinnerungen aus dem Kälteschlaf erwacht. Diese klassische Prämisse eines amnesischen Protagonisten fungiert hier als narrativer Ankerpunkt, durch den die Leserschaft schrittweise in die Welt eingeführt wird. Claude, der sich selbst als Magier bezeichnet, stellt eine ambivalente Mentorenfigur dar, die zugleich Wissen vermittelt als auch wesentliche Informationen zurückhält. Das dient der sukzessiven Enthüllung von Welt und Charakteren und erzeugt eine fortlaufende epistemische Spannung.

Ein zentrales Thema ist das Spannungsverhältnis zwischen Erinnerung und Identität. Lucioles Unwissenheit über seine Vergangenheit spiegelt das Vergessen einer gesamten Zivilisation wider. Die postapokalyptische Kulisse wird nicht explizit erläutert, sondern durch fragmentarische Funde wie verlassene Häuser, verrostete Dosen und Überreste menschlicher Technologie indirekt erfahrbar gemacht. Die fragmentierte Erzählweise erzeugt somit eine kognitive Herausforderung für die Leserschaft, die sich aus der Lücke zwischen Wissen und Vermutung speist.

Visuell besticht der Manga durch eine außergewöhnlich detaillierte Darstellung der Umwelt. Morikawa nutzt detaillierte Hintergründe und kontrastierende Lichtverhältnisse, um eine Atmosphäre der Isolation und Nostalgie zu erzeugen. Besonders auffällig sind die sanften Blautöne auf dem Cover und in den Farbseiten, die eine Ambivalenz zwischen Melancholie und Hoffnung evozieren.

Die Ruinen der ehemaligen Zivilisation sind mehr als bloße Kulisse. Sie fungieren als semiotische Marker für das Vergangene und Verlorene. Die Natur, die sich ihren Raum zurückerobert hat, verweist auf einen posthumanistischen Diskurs, in dem die Anthropozän-Debatte anklingt. Die Darstellung eines verwucherten, aber zugleich stillen und poetischen Ödlands erinnert an Werke wie “Nausicaä aus dem Tal der Winde” oder “The Girl from the Other Side”.

Ein zentrales visuelles Motiv ist die Gestaltung der Charaktere. Während Luciole mit seinen weichen Gesichtszügen und offenen Augen als naive und optimistische Figur erscheint, zeichnet sich Claude durch eine verhüllte Körpersprache und kryptische Andeutungen aus. Die Gegenüberstellung dieser Charaktere spiegelt die Dichotomie zwischen Unschuld und Erfahrung wider und fungiert als narrativer Antrieb der Geschichte.

Die Geschichte von “Luciole Has a Dream” entfaltet sich episodisch, wobei jede Episode mehr Rätsel aufwirft und gleichzeitig die dichte, fast traumhafte Atmosphäre verstärkt. Während Luciole und Claude mit einem kleinen Boot die versunkene Welt durchqueren, findet Luciole immer wieder Spuren der Vergangenheit: verlassene Häuser, vergessene Gegenstände und verrostete Konservendosen, deren Inhalt er in der Hoffnung öffnet, dass sie noch genießbar sind. Die Verlassenheit dieser Relikte gibt dem Leser das Gefühl, dass eine ganze Zivilisation ohne Vorwarnung verschwunden ist.

Doch dann macht Luciole eine unerwartete Entdeckung: ein unberührtes Kälteschlaf-Pod. Als Claude es öffnet, kommt ein bärtiger Mann zum Vorschein: Bruno, ein ehemaliger Konstrukteur dieser Pods. Sein einziger Wunsch ist es, die Kapsel seiner schwangeren Frau zu finden. Doch was, wenn sie nicht mehr funktioniert? Diese neue Dynamik bringt zusätzliche Tiefe in die Geschichte und verstärkt die existenzielle Tragik der Situation.

Brunos Erwachen wirft auch neue Fragen auf: Wie viele Menschen könnten noch in Kälteschlafkapseln überdauert haben? Ist die Hoffnung auf Wiedervereinigung mit anderen Überlebenden nur eine Illusion? Oder gibt es noch eine Möglichkeit, die verschüttete Vergangenheit zu enträtseln?

Luciole ist ein überaus liebenswerter Protagonist. Trotz der Ungewissheit über seine eigene Vergangenheit und die düstere Realität um ihn herum bleibt er entschlossen, Tag für Tag nach anderen Überlebenden zu suchen. Seine naive, aber hoffnungsvolle Natur macht es umso schmerzhafter, wenn er niemanden findet und doch gibt er nicht auf. Er hält sich an kleinen Dingen fest: an der Freude über eine gefundene Konservendose, an der Möglichkeit, eines Tages Antworten zu bekommen.

Claude hingegen ist ein Rätsel. Er spricht wenig, beantwortet fast keine Fragen und scheint von Geistern der Vergangenheit geplagt zu werden. In Rückblenden, die durch schwarze Panelrahmen gekennzeichnet sind, sieht man eine mysteriöse Figur mit einem einzelnen Zopf. Ein Detail, das sowohl an Claude als auch an eine mögliche zukünftige Version von Luciole erinnert. Ist das ein Echo der Vergangenheit oder gar ein Hinweis auf die wahre Natur von Lucioles Existenz?

Bruno bringt eine zusätzliche Dynamik mit, indem er sich von Luciole und Claude unterscheidet. Während Luciole in der Gegenwart lebt und Claude in der Vergangenheit gefangen scheint, ist Bruno jemand, der aktiv versucht, seine Zukunft zurückzugewinnen.

Ein zentraler Aspekt von Luciole Has a Dream ist das Rätsel um Lucioles Identität und die Welt, in der er sich befindet. Wurde seine Erinnerung durch ein fehlerhaftes Kälteschlaf-System gelöscht? Warum hat Claude ausgerechnet ihn geweckt? Und was ist mit den anderen Menschen geschehen?

Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr Fragen tauchen auf und dann, ausgerechnet an einem besonders packenden Cliffhanger, geht der Band zu Ende und man wird mit einer aktuell pausierenden Reihe zurückgelassen. Dieser Umstand macht es umso schwieriger, sich voll und ganz auf das Werk einzulassen, denn es ist ungewiss, ob die offenen Fragen jemals beantwortet werden.

Fazit

“Luciole Has a Dream” ist ein bittersüßes, wunderschön inszeniertes postapokalyptisches Abenteuer mit einer unheimlich dichten Atmosphäre. Die Charaktere sind fesselnd, die Welt ist voller ungelöster Geheimnisse und die künstlerische Darstellung ist schlichtweg atemberaubend.

Doch die Ungewissheit über die Zukunft der Serie lässt einen mit gemischten Gefühlen zurück. Wer sich nicht an einem Hiatus stört und offen für ein unvollendetes, aber kunstvoll erzähltes Werk ist, sollte diesem Manga auf jeden Fall eine Chance geben.

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Der Manga wurde mir freundlicherweise von Walt’s Comic Shop zur Verfügung gestellt. Die Kooperation hat wie immer keinerlei Einfluss auf meine Meinung zu dem Titel. Walt’s Comic Shop gehört zu den größten Online-Shops für US-Comics in Europa und ist in Berlin ansässig. Der Shop bietet eine breite Palette von Comics, Manga und Graphic Novels in englischer Sprache an.

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