[Anzeige, da Rezensionsexemplar]
Bei Gamma Draconis handelt es sich um eine Kooperation zwischen Benoist Simmat und Eldo Yoshimizu bei dem französischen Verlag Le Lézard noir.
Eldo Yoshimizu dürfte dem deutschen Publikum bereits durch Ryuko bekannt sein, in welchem er eine starke Heldin und einen besonders intensiven und eigenständigen visuellen Stil vorweisen konnte. Benoist Simmat ist Wirtschaftsjournalist aus Frankreich und verfasst als Comic illustrierte Sachbücher. Gamma Draconis ist sein erstes Werk im Mangabereich.
Im französischen Original erschien der Titel im Oktober 2020. Die Lizenz für die deutsche Veröffentlichung sicherte sich Carlsen Manga, die bereits das erste Werk von Yoshimizu gebracht hatten.
Story: Benoist Simmat | Zeichnungen: Eldo Yoshimizu | Originaltitel: Gamma Draconis| Genre: Drama, Thriller | Verlag: Carlsen Manga | Preis: 16,00€ | Mehr Informationen
Wie war’s?
London, 2:00 Uhr morgens. Im Britischen Museum schleicht sich eine Gestalt ein, um Dees Spiegel zu stehlen, ein aztekisches Kultobjekt, das einst John Dee, einem Okkultisten des 16. Jahrhunderts, gehörte.
Bald darauf ist Julian Bedford, ein englischer Finanzier, hocherfreut, dieses Objekt endlich in seinen Händen zu halten. Es ist ein wichtiger Teil seines Projekts, das er unter dem Deckmantel, für ein wichtiges Finanzunternehmen zu arbeiten, mit anderen Mitgliedern seiner Gruppe im Verborgenen durchführt.
Das Ziel dieses Projekts, das er mit betrügerischen Mitteln finanziert: die okkulten Kräfte des Spiegels zu nutzen, um unendliches Wissen, Unsterblichkeit und Macht zu erlangen, indem er Zugang zur Dimension von Eltanin erhält.
Zur gleichen Zeit verbirgt in Frankreich eine junge japanische Studentin der Religionsgeschichte, Aiko Moriyama, die Tatsache, dass sie hauptsächlich dort ist, um ihre Ausbildung im Okkultismus bei Professor Le Puy fortzusetzen, ein Erbe, das in ihrer Familie von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Als die 20-Jährige bei ihren Recherchen die Wege von Berdfords Ambitionen kreuzt, ist das der Beginn eines gefährlichen Spiels. Doch Aiko ist fest entschlossen, das “Projekt Gamma Draconis” des Mannes aufzudecken.
Benoist Simmat liefert in Gamma Draconis einen recht gradlinigen Thriller mit Elementen aus dem Okkultismus, dem Übernatürlichen und Transhumanismus. Dazu greift Simmat auch auf reale Elemente zurück. So wird der Okkultismus John Dees sowie das in diesem Zusammenhang bekannte Artefakt Dees Spiegel aufgegriffen, der tatsächlich im Britischen Museum ausgestellt ist. Auch der Etamin-Stern, was die formale Bezeichnung für die Sternenkonstellation Gamma Draconis ist, existiert wirklich. Neben viele weiteren kleineren Anspielungen nutzt er dies, um eine geheimnisvolle Geschichte zu erzählen, die bestimmte Gebiete verbindet und so interessante Ideen einsetzt. Wie zum Beispiel ein einfacher Computer, der als Überträger schwarzer Magie genutzt werden kann.
Der Thriller ist gut aufgebaut und erst nach und nach wird das ganze Ausmaß aufgedeckt, in welchem sich unsere Heldin wiederfindet. Man folgt ihr von Paris über Poitou und London bis nach Japan, um auch ihre persönlichere und familiäre Geschichte zu entdecken.
Hervorzuheben ist auch, dass die Leserschaft wie schon in Yoshimizu Werk Ryuko auf starke Frauencharaktere trifft. Wir haben auf der einen Seite Aiko, die festentschlossen ist, das Geheimnis um Gamma Draconis zu lüften, sowie die Polizisten Janne Pauwels. Sie möchte den Schleier über die finanziellen Betrügereien von Bedford aufdecken. Beide sind starke und charismatische Frauenfiguren, die sich auch in ihrer Darstellung der üblichen Frauenbilder im Manga absetzen können.
Auch wenn Gamma Draconis viele Stärken hat, gibt es auch einige Schwächen in dem kurzen Werk. Während sich das Duo in der ersten Hälfte viel Zeit nimmt, um die Handlung, die Charaktere und die einzelnen Hintergründe zu erklären, bleibt der zweite Teil zu sehr an der Oberfläche und es fehlt ein wenig die besondere und geheimnisvolle Atmosphäre, die man im ersten Teil vorgefunden hat. Die Tiefe der ersten Kapitel fehlt und die Auflösung geschieht auf nur wenigen Seiten und bleibt dabei eher vage und übernatürlich. Auch endet der Band mit einem offenen Ende, welches viele Leser*innen mit einem unzufriedenen Gefühl zurücklassen dürfte. Auch werden einige Elemente, die am Anfang aufgebaut wurden, später nicht mehr aufgenommen oder erklärt.
Visuell ist der Band gut ausgearbeitet. Die Zeichnungen von Eldo Yoshimizu sind ausdrucksstark, modern und haben ihren eigenen Charme. Der Künstler spielt viel mit Perspektiven, Silhouetten sowie Sprechblasen, schnellen Schnitten, der Lautmalerei sowie der Größe und Form der Panels. Die Gesichter sind häufig detailliert gezeichnet, ebenso finden die Leser*innen realistische Hintergründe vor, bei denen die existierenden Gebäude perfekt abgebildet werden.
Auf der Verlagsseite gibt es durch Carlsen Manga eine hochwertige Ausstattung. Der Titel wird im Großformat gebraucht, was den visuellen Teil der Geschichte würdigt. Darüber hinaus gibt es ein sehr dickes Papier sowie Klappbroschur und Farbdruck auf einigen Seiten.
Fazit
Gamma Draconis liefert in einem länderübergreifenden Projekt eine interessante Mischung aus verschiedenen Elementen, kann dabei aber storytechnisch nicht ganz aus den Vollen schöpfen. Während der erste Teil des Bandes die Handlung gut aufbaut, lässt die Geschichte im zweiten Teil nach und kratzt nur an der Oberfläche. Hervorzuheben sind starke Frauenfiguren sowie die Illustrationen von Eldo Yoshimizu, mit denen er einmal mehr aus der Masse hervorstechen kann.
Reinschauen lohnt sich für die ältere Leserschaft und insbesondere Fans von okkultistischen Geschichten, dunklen Verschwörungen und dramatischen Kampfsequenzen.
Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Carlsen zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!