[Anzeige, da Rezensionsexemplar]
Für viele Anime-Fans der ersten Stunde ist Georgie untrennbar mit einem Hauch von Nostalgie verbunden. Die Anime-Adaption wurde Mitte der 1990er-Jahre auch im deutschen Fernsehen ausgestrahlt und prägte eine ganze Generation, ähnlich wie Serienklassiker vom Kaliber Die Rosen von Versailles. Nun bringt Panini Manga endlich auch die Manga-Vorlage auf den deutschsprachigen Markt.
“Georgie” entstand aus der Zusammenarbeit von Autor Mann Izawa und Zeichnerin Yumiko Igarashi, die mit “Candy Candy” bereits eine der bekanntesten Shojo-Serien jener Zeit visuell prägte. Der Manga erzählt eine dramatische Geschichte von Jugend, Herkunft und verbotenen Gefühlen, eingebettet in eine romantisierte Darstellung des kolonialen Australien und Englands im 19. Jahrhundert.
Ein weniger bekanntes Kapitel in der Geschichte dieses Titels ist ein langwieriger Rechtsstreit zwischen den beiden Schöpfern. In den 1990er-Jahren geriet Igarashi in die Kritik, weil sie versucht haben soll, das alleinige Urheberrecht sowohl an “Candy Candy” als auch an “Georgie” für sich zu beanspruchen. Besonders im Fall von “Georgie” warf Izawa ihr vor, die Urheberrechte über ihr eigenes Unternehmen I-Pro verwaltet und dabei die Gewinnverteilung zu seinen Ungunsten verändert zu haben – 80 Prozent für Igarashi, lediglich 20 Prozent für Izawa. In internationalen Ausgaben war zeitweise nur Igarashis Name auf dem Cover zu finden, während Izawas Autorenschaft unerwähnt blieb. Nach einem mehrjährigen Prozess entschied das Gericht am 21. Oktober 2001 zugunsten von Izawa.

Text: Mann Izawa| Zeichnungen: Yumiko Igarashi| Originaltitel: Georgie | Übersetzung: Jan-Lukas Kuhn | Genre: Historie, Romance, Drama | Demografische Zielgruppe: Shojo| Verlag: Panini Manga | Preis: 12,00€ | der Manga auf der Verlagsseite

Wie war’s?
“Georgie” bettet sich perfekt in die Art von Shojo-Titeln ein, die in den 1970er- und 1980er-Jahren besonders populär waren. Typisch für die Shojo-Romanzen jeder Zeit ist die starke Konzentration auf Emotionen, Romantik und die innere Entwicklung der weiblichen Hauptfigur. Die Handlung ist von dramatischen Wendungen geprägt, häufig auch mit melodramatischen Elementen, die manchmal überzogen oder übermäßig pathetisch wirken können. Das romantisierte Setting – hier eine idealisierte Version von Australien – dient weniger der realistischen Darstellung als der atmosphärischen Unterfütterung emotionaler Höhepunkte.
Georgie verkörpert die unschuldige, energiegeladene Heldin, um die sich alle drehen. Die männlichen Figuren entsprechen oft typisierten Rollenbildern. Vom empfindsamen, stillen Verehrer bis zum leidenschaftlich-besitzergreifenden Bruder. Wer moderne, differenzierte Figurenzeichnungen erwartet, könnte hier also enttäuscht werden. Auch das Frauenbild bleibt stark traditionell geprägt und wirkt aus heutiger Sicht teilweise veraltet.
Die Handlung beginnt im australischen Hinterland. Georgie wächst zusammen mit ihren Brüdern Abel und Arthur auf. Ihre Kindheit ist frei und abenteuerlich, doch ihre Beziehung zur Mutter ist von Ablehnung und emotionaler Kälte geprägt. Schon bald stellt sich heraus, dass Georgie nicht das leibliche Kind der Familie ist. Als der junge Aristokrat Lowell in ihr Leben tritt, entfacht dies nicht nur ihre erste Liebe, sondern bringt auch familiäre Spannungen ans Licht.
Abel und Arthur entwickeln mit der Zeit ebenfalls romantische Gefühle für Georgie, was zu einem zunehmend angespannten Beziehungsgeflecht führt. Diese Dynamik bildet das emotionale Zentrum der Geschichte, ist jedoch nicht frei von problematischen Implikationen. Besonders Abels Verhalten, das bis zur körperlichen Konfrontation mit dem eigenen Bruder reicht, lässt sich eher als obsessiv denn als liebevoll beschreiben.
Lowell bleibt als Figur recht blass und wirkt eher als romantische Projektionsfläche denn als glaubhafter Charakter. Seine Liebe zu Georgie scheint sich vor allem auf ihr äußeres Erscheinungsbild zu stützen – insbesondere ihre Ähnlichkeit mit einem Gemälde –, was das Gefühl verstärkt, dass die emotionale Tiefe dieser Beziehung weniger überzeugend ist als die ambivalente Verbindung zwischen Georgie und ihren „Brüdern“.
Yumiko Igarashis Zeichenstil ist stark stilisiert und typisch für das Shojo-Genre der damaligen Zeit. Große Augen, wallende Haare, florale Hintergründe und detailverliebte Kostüme dominieren das Bild. Besonders hervorzuheben sind die aufwendig gestalteten Szenen emotionaler Zuspitzung, in denen der innere Zustand der Figuren eindrucksvoll dargestellt wird.
Allerdings kann der visuelle Stil aus heutiger Perspektive auch als überladen oder kitschig empfunden werden. Wer sich mit glitzernden Augen, dramatischen Posen und endlosen Blumenelementen schwertut, wird sich möglicherweise schwer in die Ästhetik und damit auch die Geschichte hineinfinden. Auch die Inszenierung weiblicher Schönheit, denn Georgie wird häufig in aufwendige Kleider gehüllt und stark idealisiert dargestellt, folgt einer veralteten Vorstellung von Weiblichkeit, die heute kritisch betrachtet werden sollte.
Die rasche Erzählweise sorgt für Spannung, lässt aber wenig Raum für Zwischentöne oder psychologische Tiefe, wodurch man sich zeitweise fühlt, als würde man von einem dramatischen Höhepunkt zum nächsten hangeln.
Von Panini Manga wird die Ausgabe in einem hochwertigen Großformat veröffentlicht. Neben Klappbroschur erhält man einen Artprint, der das Cover zeigt.
Fazit
“Georgie” ist ein Werk mit starkem nostalgischem Wert, das einen authentischen Einblick in die Ästhetik und Erzählweise des klassischen Shojo-Mangas bietet. Es ist emotional aufgeladen, visuell opulent und dramatisch inszeniert. Für diejenigen, die ein Faible für romantisch-verklärte Geschichten mit einer Prise Tragik haben und sich bewusst auf einen erzählerischen Stil aus einer anderen Zeit einlassen möchten, ist dieser Manga durchaus empfehlenswert.

Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Panini Manga zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!