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Hiraeth – Heimweh nach Endlichkeit (Band 1) - Manga Rezension

Hiraeth – Heimweh nach Endlichkeit (Band 1)

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Nachdem es inzwischen bereits fast vier Jahre her ist, ist es endlich wieder so weit und mit “Hiraeth – Heimweh nach Endlichkeit” findet ein weiteres Werk von Yuhki Kamatani seinen Platz auf dem deutschen Mangamarkt.

In Japan erschien “Hiraeth” vom 22. Oktober 2020 bis zum 20. Mai 2022 in Kodanshas Seinen-Magazin Monthly Morning Two. In der Summe umfasst der Titel insgesamt drei Bände. 2021 war “Hiraeth” eines von der Jury empfohlenen Werke auf dem 25. Japan Media Arts Festival.

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Text & Zeichnungen: Yuhki Kamatani | Originaltitel: Hiraeth wa Tabiji no Hate | Übersetzung: Victoria Maria Zach | Genre: Drama | Demografische Zielgruppe: Seinen | Verlag: Carlsen Manga | Preis: 10,00€ |In drei Bänden abgeschlossen | mehr Informationen auf der Verlagsseite

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Wie war’s?

Mika starrt auf die belebte Straße vor sich, umgeben von einem pulsierenden Leben, das jedoch nur die Leere in ihrem Inneren betont. Seit dem Verlust ihrer besten Freundin fühlt sie sich wie erstarrt, unfähig, sich dem Alltag anzupassen. Ein Gedanke durchzuckt sie, und in einem Moment der Verzweiflung entscheidet sich die junge Mika, sich vor einen Lastwagen zu werfen, um ihre Freundin im Jenseits wiederzutreffen.

Doch bevor sie ihren Plan ausführen kann, wird sie von Hibino gerettet, einem Mann, der nicht sterben kann. Er ist ein Begleiter einer Gottheit, die die Gestalt eines jungen Mannes annimmt auf eine mystische Reise, deren Ziel das Land Yomi und der Tod selbst sind. Zunächst ist Mika wütend darüber, dass sie gerettet wurde, doch ihre Neugier wird geweckt, und sie schließt sich dem ungewöhnlichen Paar an, denn sie alle haben ein gemeinsames Ziel: die Erlösung durch den Tod zu finden.

In “Hiraeth” entfaltet sich die Geschichte von Mika, Hibino und der namenlosen Gottheit auf eindrucksvolle Weise. Yuhki Kamatani überzeugt von Anfang an mit einer Handlung, die im krassen Gegensatz zum leichten Ton der Ästhetik und Erzählung steht. In Hiraeth, einem Begriff aus Wales, der die Trauer um einen geliebten Menschen beschreibt, vereinen sich drei gegensätzliche und sich ergänzende Charaktere auf einer Reise, deren Ziel der Tod ist.

Die Protagonisten sind bestrebt, ihre Erlösung durch eine Reise zu finden, die sowohl von melancholischen Momenten als auch von humorvollen Interaktionen zwischen den Charakteren geprägt ist. Mika, deren strahlendes Gesicht das Titelbild ziert, scheint äußerlich ein fröhliches Mädchen zu sein. Doch tief in ihrem Inneren verbirgt sie eine tiefe Traurigkeit über den plötzlichen Verlust ihrer Freundin. Ohne die Möglichkeit, sich von ihr zu verabschieden oder ihr all das zu sagen, was sie gerne mitgeteilt hätte, ist sie entschlossen, die Reise durch das Land bis zum vermeintlichen Eingang in das Land Yomi anzutreten. Ihre Freundin bedeutet ihr “mehr als das Leben selbst”, und so lässt sie alles hinter sich zurück.

Ihr Retter, Hibino, ist aus mysteriösen Gründen mit der Gabe der Unsterblichkeit gesegnet. Obwohl seine Vergangenheit im Dunkeln liegt, gibt es verstreute Hinweise darauf, dass er bereits zur Edo-Zeit gelebt hat. Nach Jahrhunderten des Wanderns hat er genug von seinem Dasein und beschließt, ins Land Yomi zu reisen, in der Hoffnung, dort seine “Seelenverwandte” zu finden.

Das dritte Mitglied dieses ungewöhnlichen Trios ist eine Gottheit aus einer Region im Norden Japans. Er trägt keinen Namen und erscheint vor Sterblichen in der Gestalt eines gutaussehenden jungen Mannes mit hellem Haar. Da er sein Ende nahen spürte, beschloss er, allein nach Yomi zu reisen, bevor ihm Hibino und später Mika folgten. Losgelöst von menschlichen Interessen nutzt er diese Reise, um einigen seiner Freunde an verschiedenen Schreinen die letzte Ehre zu erweisen, aber vor allem, um die Menschen zu beobachten, insbesondere wenn sie an die Schwelle des Todes treten.

Gemeinsam begeben sie sich auf einen Roadtrip, der neben einer Melancholie durch die knackigen und manchmal humorvollen Interaktionen zwischen den drei Protagonisten geprägt ist. Mika, Hibino und die namenlose Gottheit entdecken und bereichern sich gegenseitig in diesem Band, das in seinem ersten Teil auf brillante Art und Weise die verschiedenen Ebenen abdeckt und auf einzigartige Weise universelle Fragen aufwirft: Trauer und unsere Beziehung zum Tod.

Während sich die Reise fortsetzt, werden immer mehr Nuancen hinzugefügt, die Fragen nach dem Tod und dem Sinn des Lebens aufwerfen. Yuhki Kamatani behandelt anhand der drei Figuren verschiedene Herangehensweisen an den Tod, die sich alle ergänzen und im Einklang mit den Charakterentwicklungen stehen. Während das Ziel ihrer Reise das Land der Toten ist, bleibt die Freude stets präsent, und das Gleichgewicht zwischen Drama und Humor ist dabei ausbalanciert.

Visuell gesehen gelingt es Kamatani mit Bravour, uns in eine andere Welt zu entführen. Abgesehen von dem Cover, das ich sehr schön finde, sind die Seiten und die Aufteilung eine Augenweide. Kamatani zeigt mit einem sanften Strich Können, sei es in dynamischen Szenen als auch in intimeren und emotionaleren Momenten. Ihre bildhaften und traumhaften Illustrationen finden in Hiraeth ihren Platz, um symbolisch verschiedene Gemütszustände der Figuren und andere Höhepunkte darzustellen. Das Ergebnis sind Bilder von großer grafischer Kraft und Bedeutung, die zum Entdecken und Staunen einladen.

Carlsen Manga veröffentlicht den Manga im Großformat, wodurch die detaillierten Zeichnungen von Kamatani noch einmal besonders zur Geltung kommen. Farbseiten gibt es hingegen leider nicht in der deutschen Veröffentlichung. Der Umschlag ist ähnlich wie bei der ersten Veröffentlichung von Kamatani bei Carlsen Manga aus einem pappenähnlichen Material, welches den Manga hervorstechen lässt, allerdings auch anfällig für Beschädigungen und Schmutz macht. Auch wirkt das Schwarz meiner Meinung nach etwas blass.

Fazit

“Hiraeth”, zauberhaft und zugleich melancholisch, entführt uns mit seiner originellen Thematik, seiner Palette an starken Charakteren und dem für Yuhki Kamatani bekannten charakteristischen Strich auf einen besonderen Roadtrip. Jedes Wiedersehen mit Kamatani war für mich bisher ein reines Vergnügen, und der Beginn dieser kurzen Serie ist da keine Ausnahme. Wer tiefgehende Geschichten schätzt, wird in “Hiraeth” definitiv einen Titel für seine Sammlung finden.

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Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Carlsen zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!

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