[Anzeige, da Rezensionsexemplar]
Mangaka Rie Aruga ist noch relativ frisch auf dem Markt und ihre bisher einzige längere Veröffentlichung ist die Josei-Reihe “Perfect World”, die hierzulande bei Egmont Manga erschienen ist.
Mit “Im Schatten der Fabriken” kommen deutsche Fans nun in den Genuss eines weiteren Werkes der Mangaka. Der Einzelband, der in Japan unter dem Titel Koujou Yakei erschien, wurde von Februar bis April 2022 zunächst kapitelweise im Seinen-Magazin Morning veröffentlicht.
Auf dem deutschen Markt sicherte sich Hayabusa die Lizenz und brachte den Band im Oktober 2023 heraus.
Text & Zeichnungen: Rie Aruga | Originaltitel: Koujou Yakei | Übersetzung: Doreaux Zwetkow | Genre: Drama, Romance| Demografische Zielgruppe: Seinen | Verlag: Hayabusa | Preis: 10,00 € | mehr Informationen auf der Verlagsseite
Wie war’s?
Der Begriff Koujou Yakei, wie der Manga im Japanischen heißt, lehnt sich an einen Trend in Japan an, der in den letzten Jahren aufgekommen ist. Dabei handelt es sich einfach gesagt um nächtliche Fabrikbesichtigungen, die die Schönheit der Industrieanlagen zeigen sollen. Die Besichtigungen sind ein wachsender Aspekt des japanischen Tourismus, und private Reiseveranstalter und Stadtverwaltungen bieten organisierte Bus- und Bootstouren an, um der Nachfrage gerecht zu werden.
Koujou Yakei als besonderes Erlebnis wird auch im Manga aufgegriffen. Doch auch wenn “Im Schatten der Fabriken” auf den ersten Blick wie ein Slice-of-Life-Romance-Manga erscheinen mag, stellt sich aber schnell heraus: Wir bekommen hier was anders als eine bittersüße Romanze zwischen zwei Teenagern geliefert.
Ao und Takaomi sind zwei Jugendfreunde, die in einer Industriestadt leben. Sie verbergen ihre Gefühle füreinander, bis der letzte Sommer in der Schule ansteht. Takaomi lädt Ao dazu ein, mit ihm die nächtlichen Landschaften der Fabriken zu sehen. Ein Ergebnis, was die Romanze zwischen den beiden eigentlich ins Rollen bringen könnte. Doch dann hat das Schicksal andere Pläne mit ihnen und ein Ereignis führt dazu, dass sie machtlos auseinandergerissen werden.
Rie Aruga liefert ähnlich wie in ihrem Debüt-Werk auf dem deutschen Markt mit “Im Schatten der Fabriken” einen Titel ab, der sich mit schwierigen Themen beschäftigt und zeigt, dass sie gewillt ist, sich diesen Thematiken zu stellen. Alles beginnt wie ein übliches Setting von einem Romance-Manga: Sowohl Ao und Takaomi haben Gefühle füreinander, wagen es jedoch nicht, sich zu öffnen und einander ihre Gefühle zu gestehen, bis das letzte Jahr in der Highschool ihnen deutlich macht, dass es vielleicht die letzte Chance sein könnte.
Dann aber schlägt die Mangaka einen anderen Ton an. Ein plötzliches unglückliches Ereignis hat das Leben beider verändert. Takaomis Mutter wird zum Opfer einer Vergewaltigung und ausgerechnet der Vater von Ao ist der Täter.
Rie Aruga gelingt es in ihrem Manga, das Ereignis, das das Leben Ao und Takaomi sowie ihrer jeweiligen Familien verändert, ziemlich realistisch darzustellen. Sie zeigt uns, wie diese eine Nacht alles verändert und beide Teenager nun vor einer völlig neuen und bedrückenden Wirklichkeit stehen. Sie werden zum Mittelpunkt der Schulgespräche, ein gemeinsames Treffen auf dem Flur wir plötzlich kritisch beäugt und Ao als Tochter eines Vergewaltigers zum Mittelpunkt von verbalen und körperlichen Angriffen.
Takaomi als pragmatischer, nachdenklicher und freundlicher Mensch möchte an Aos Seite bleiben, doch es stellt sich heraus, dass dies in er Praxis alles andere als einfach ist und vor allem durch Einflüsse von außen erschwert wird. Ao ihrerseits ist von einer Schuld geplagt, obwohl sie selbst nichts für das Verbrechen ihres Vaters kann, wodurch die beiden Figuren immer weiter auseinandergetrieben werden.
Argua zeigt mit dem nötigen Fingerspitzengefühl, den mentalen Zustand von Menschen und deren Angehörigen, die Opfer von grausamen Ereignissen in ihrem Leben sind/waren und wie diese Ereignisse sie für den Rest ihres Lebens zeichnet.
Die Geschichte ist dabei perfekt auf die Länge des Bandes ausgelegt und die Mangaka schafft es die Seiten zu nutzen und eine runde Handlung abzuliefern, die zum Nachdenken anregt und zeigt, wie gefühlvoll sie mit tragischen Handlungen umgehen kann.
Der Zeichenstil ist eher schlicht gehalten, mit einem feinen Strich und reduziert sich oft auf das Wesentliche. Die Hintergründe sind häufig schlichter, es gibt aber auch einige Panels mit industriellen Gebäuden, die durch ihre Details mitreißen können. Da der Ton der Geschichte insgesamt tragischer ist, arbeitet sie viel mit dunklen Abstufungen. Auch die Emotionen der Figuren werden mit Mimik und Gestik hervorragend wiedergegeben.
Hayabusa Manga hat sich entschieden, den Manga im großen Format zu veröffentlichen. Farbseiten oder Beigaben gibt es nicht.
Fazit
Mit “Im Schatten der Fabriken” gelingt es Mangaka Rie Aruga ein schwieriges Thema realistisch, aber auch mit dem nötigen Fingerspitzengefühl ohne Sensationsgeilheit abzubilden und liefert ein emotionales Bild auf zwei Familien, deren Leben sich mit einem Schlag völlig verändert.
Die Story lässt sich gut in einem Einzelband erzählen und liefert dadurch ein intensives Leseerlebnis.
Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Hayabusa Manga zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!