Herzlich willkommen auf meinem Mangablog. Hier findet ihr Rezensionen zu deutschen und englischen Manga sowie Beiträge über Themen und Aspekte, die mich an dem Medium interessieren. Ab und an schaue ich auch über den Tellerrand hinaus und schnuppere in Comic-Kunst abseits Japans hinein.

Practiced Liar

Practiced Liar

[Anzeige, da Rezensionsexemplar]

Ich sag es, wie es ist: Ich bin ruhigen, atmosphärischen Romance-Geschichten schnell verfallen. Entsprechend schien “Practiced Liar” von Loewe Manga genau in mein Beuteschema zu fallen.

Der Einzelband von Mangaka Medamayaki, mit dem sie gleichzeitig auch ihr Deutschland-Debüt feiert, erschein in Japan unter dem gleichnamigen Titel vom Juni bis zum Juli 2020 im Magazin Byou de Wakaru BL.

Auf dem deutschen Markt erscheint der Titel bei Loewe Manga.

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Story & Zeichnungen: Medamayaki | Originaltitel: Practiced Liar | Genre: Boys Love, Romance | Verlag: Loewe Manga | Preis: 7,50€| Der Manga beim Verlag

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Wie war’s?

Miura lebt mit einer außergewöhnlichen Gabe: Er kann die Gedanken seiner Mitmenschen lesen. Was zunächst wie ein praktisches Geschenk klingt, entpuppt sich mit zunehmendem Alter und einer anderen urbanen Umgebung als enorme Belastung. Denn Miura weiß nie nur, was jemand sagt, er weiß auch, was jemand wirklich denkt. Zwischen Lügen aus Höflichkeit, halben Wahrheiten und innerem Unmut wird es für ihn immer schwieriger, anderen zu vertrauen oder sich ihnen ehrlich zu öffnen. Die Folge: Er zieht sich zurück, lebt mit einem höflichen Lächeln als Fassade und spielt den gut angepassten Mitmenschen.

Doch dann tritt Abe, ein schüchterner Kommilitone aus dem Literaturclub, in Miuras Leben. Still, wortkarg und scheinbar uninteressant, bis Miura durch Zufall in seine Gedankenwelt eintaucht und erfährt, dass Abe ihm seit geraumer Zeit mit inniger Zuneigung begegnet. Ohne jeden Zynismus, ohne Berechnung. Abe ist – ganz einfach – verliebt in Miura.

Diese schonungslose Offenheit aus dem Innersten eines anderen Menschen lässt Miura nicht los. Zum ersten Mal seit Langem erlebt er ein Gefühl von Sicherheit in der Nähe eines anderen. Aber ist es wirklich in Ordnung, diese Gedanken zu hören, bevor der andere sie aussprechen kann? Und darf man jemandem nahekommen, wenn man ihn durchschaut, bevor er selbst dazu bereit ist?

“Practiced Liar” stellt die Frage, wie viel Nähe wirklich möglich ist, wenn wir die innersten Gedanken anderer kennen. Miura ist eine zutiefst einsame Figur, deren Lächeln oft nichts mit dem zu tun hat, was er empfindet. Der Titel des Bandes bezieht sich nicht auf böse Absicht, sondern auf die notwendige Anpassung eines Menschen, der zu viel weiß und sich deshalb schützt.

Die Beziehung zwischen Miura und Abe entwickelt sich langsam und glaubhaft. Es gibt kein großes Drama, keine toxischen Dynamiken, keine Überdramatisierung. Stattdessen baut die Geschichte auf stiller Zuneigung, kleinen Gesten und emotionaler Ehrlichkeit auf. Besonders schön ist dabei, dass Miura sein “Gedankenhören” nicht als Manipulationsmittel einsetzt, sondern sich sogar bewusst zurücknimmt, um Abe Raum zu lassen.

Die Erzählstruktur von „Practiced Liar“ ist, dramaturgisch gesehen, zeimlich klassisch. Es gibt keine großen Überraschungen im Handlungsverlauf, und viele Genre-Fans werden schnell spüren, wohin die Reise geht. Doch die Stärke des Bandes liegt nicht in der Innovation, sondern in der Feinfühligkeit der Inszenierung.

Der leichte übernatürliche Einschlag wird nie zum Selbstzweck. Vielmehr dient er als stilistisches Mittel, um das zentrale Thema – die Schwierigkeit ehrlicher Kommunikation – zu unterstreichen. Wie oft sagen Menschen Dinge, die sie gar nicht so meinen? Wie oft wünscht man sich, das „wahre Innere“ eines anderen zu kennen – und wäre man wirklich bereit, es zu hören?

Der Zeichenstil von Medamayaki passt zur ruhigen, gefühlvollen Erzählweise. Ihre Linien sind weich und fließend, die Charakterdesigns zurückhaltend, aber charmant. Besonders die Augen der Figuren stechen hervor – expressiv, detailverliebt und ein wichtiges Werkzeug in der stillen Kommunikation zwischen Miura und Abe. Die Hintergründe sind eher schlicht gehalten, aber immer dort vorhanden, wo sie gebraucht werden, um Atmosphäre zu schaffen. Die erotischen Momente sind dezent, eher andeutend als expliz, was gut zum sanften Ton des Mangas passt.

Von Loewe Manga wird der Titel im handelsüblichen Taschenbuchformat des Verlags veröffentlicht.

Fazit

„Practiced Liar“ ist kein spektakulärer, actionreicher Manga, aber er ist ein feines, emotional ehrliches Werk, das mit Sensibilität und Respekt eine zarte Liebesgeschichte erzählt. Er richtet sich an diejenigen, die ruhige Erzählungen, gefühlvolle Charaktere und eine Prise Melancholie schätzen. Die Kürze des Bandes verhindert zwar, dass die Figuren tiefschichtig ausgearbeitet werden können, doch das macht Medamayaki mit atmosphärischer Dichte und emotionalem Feingefühl mehr als wett.

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Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Loewe Manga zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!

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