Die Früchte der Platane: Ein Kinderarzt mit Herz (Band 1)

[Anzeige, da Rezensionsexemplar]

Die japanischen Kinderabteilungen gehören zu den Opfern des Geburtenrückgangs, da sie nicht mehr so viele Patienten wie früher haben. Einige Kliniken beginnen daher, wegen mangelnder Rentabilität zu schließen.

Mit diesem Umstand beschäftig sich Die Früchte der Platane, der erste Medizinmanga auf dem deutschen Markt und eine der Überraschungen in den letzten Lizenzankündigungen. In Japan erscheint der Manga unter dem Originaltitel Platanus No Mi seit 2020 im Seinen-Magazin Big Comic Spirits, in welchem unter anderem auch 20th Century Boys oder Asadora! von Naoki Urasawa beheimatet sind. Die Reihe stammt aus der Feder von Toshiya Higashimoto, für den es die erste Veröffentlichung auf dem deutschen Markt ist. In Japan blickt der Mangaka hingegen bereits auf einige Reihentitel zurück.

Text & Zeichnungen: Toshiya Higashimoto| Originaltitel: Platanus no Mi | Zielgruppe: Seinen | Genre: Slice of Life, Drama| Übersetzung: Alexandra Klepper| Verlag: Panini | Preis: 10,00 € | Großformat | mehr Informationen bei Panini

Wie war’s?

In Die Früchte der Platane folgen wir Mako, einem jungen, etwas untypischen Kinderarzt, der im städtischen Krankenhaus von Kawasaki als Praktikant arbeitet. Sein Enthusiasmus, seine Freundlichkeit und seine Geduld machen ihn trotz seines jungen Alters zu einem guten Arzt. Er kann sowohl mit ängstlichen als auch mit wütenden Eltern und ihren Kindern umgehen, die sich nicht immer sicher fühlen. Abgesehen von seinem Beruf ist er ein Einzelgänger und wirkt auf andere oft seltsam, aufgrund seines Kleidungsstils. Um sich zu entspannen, dreht Mako gerne Videos für einen Social-Media-Kanal.

Die Früchte der Platane ist eine Reihe, wie man sie auf dem deutschen Markt schon seit langem vermisst und wendet sich dem Genre der Medizin zu. Dennoch fixiert sich der Mangaka nicht nur darauf, sondern scheint auch andere Themen einzuarbeiten, um seinen Titel spannend zu halten.

Der erste Band fungiert als Einführung in den Charakter von Mako, aber auch in das spezielle medizinische Umfeld der Kindermedizin, welches wie uns erklärt wird, als Stiefkind der Krankenhäuser angesehen wird. Für viele sind die speziellen Abteilungen zu teuer und es fehlt an allen Ecken an Mitarbeitern. Das führt dazu, dass in dem Stress die Zeit fehlt, sich wirklich mit den jungen Patienten auseinanderzusetzen und Geduld für die Eltern mitzubringen. Die Krankheiten werden oft als harmlos eingestuft und die Ärzte selbst scheinen oft nervlich am Ende.

Mako scheint eine ganz andere Sicht auf die Arbeit zu haben, die manchmal als undankbar gilt. Er versucht, die Kinder zu verstehen, die Ängste und Schuldgefühle ihrer Eltern oder anderer Familienmitglieder zu mildern. Er versucht, die richtigen Worte zu finden, damit sein Anliegen verstanden wird und kümmert sich intensiv um sein Gegenüber.

Was die medizinische Thematik angeht, folgt der Manga dabei in Band eins durchaus einer festen Formel: Mako ist oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort und vor allem außerhalb des Krankenhauses stößt er zufällig auf neue Fälle und bietet seine Hilfe. Aufgrund seines großen Wissens gelingt es ihm, in der Folge die Ursache anhand der Symptome und Beobachtungen zu finden. Die Szenen sind von dem Mangaka außerordentlich gut zeichnerisch inszeniert und ähneln Mysteryserien wie Sherlock Homes oder Arztserien, die in einem ähnlichen Muster vorgehen.

Und obwohl man eine wiederkehrende Formel hat, bleibt durch verschiedene Schicksale und Persönlichkeiten der Patienten und ihrer Familien der Band durchaus interessant.

Die Früchte der Platane hebt den gesellschaftlichen und sozialen Druck hervor, der auf Eltern und insbesondere auf Müttern lastet. Toshiya Higashimoto zeichnet das Porträt einer Elternschaft, die den Erwartungen, aber auch den Fantasien, die rund um eine idealisierte und daher unerreichbare Perfektion verbreitet werden, hilflos gegenübersteht.

Der Titel des Mangas unterstreicht dabei die Handlung gut. Der Teil Platane bezieht sich auf die Platane des Hippokrates. Der Arzt Hippokrates von Kos soll die Platane gepflanzt und unter dem Baum seine Schüler die Kunst der Heilkunde gelehrt haben. Auch der hippokratische Eid, das ärztliche moralische Gelöbnis, wurde nach ihm benannt. Ein Gelöbnis, welches durch die heutigen Managementmethoden untergraben wird. Mako setzt die traditionelle Haltung fort, indem er den Patienten zuhört.

Darüber hinaus lässt sich aber auch erahnen, dass es in dem Titel auch um Makos Vergangenheit und ein Zerwürfnis mit seinem Vater, den er zum ersten Mal nach jahrelanger Funkstille wiedertrifft und der ein besonders Anliegen an seinen Sohn hat, was sein bisheriges Leben verändern könnte. Das Wiedersehen mit seinem Vater lässt in ihm schmerzhafte Erinnerungen aufkommen, denen er sich nun stellen muss.

Visuell bietet einen einfachen und klaren Stil, der sich sowohl im Charakterdesign und den Hintergründen widerspiegelt. Die einzelnen Panels sind größtenteils durch Rahmenlinien abgeschlossen.

Panini veröffentlicht den Manga in einem Großformat und bietet in der ersten Auflage den Fans einen Print im Postkartenformat mit der Coverillustration. Der Weißheitsgrad des Papiers ist zwar geringer, bietet aber eine schöne Festigkeit und sorgt dafür, dass der Druck nicht durchscheint.

Fazit

Die Früchte der Platane bietet im ersten Band einen Auftakt, der Lust auf mehr macht. Auch wenn es wiederkehrende Muster in der Handlung gibt, so haben wir dennoch genug Themen und Abwechslung, die die Reihe tragen und noch mehr von kommenden Bänden erwarten lassen als einen reinen Medizin-Manga.

Fans von realistischeren Thematiken kommen in diesem Titel auf jeden Fall auf ihre Kosten und sollten einen Blick in das Werk werfen.

Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Panini Manga zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!