Herzlich willkommen auf meinem Mangablog. Hier findet ihr Rezensionen zu deutschen und englischen Manga sowie Beiträge über Themen und Aspekte, die mich an dem Medium interessieren. Ab und an schaue ich auch über den Tellerrand hinaus und schnuppere in Comic-Kunst abseits Japans hinein.

Rainbow - Manga (Band 1)

Rainbow (Band 1)

Der Manga Rainbow ist mir bereits in der Anfangsphase meiner Mangaleidenschaft zum ersten Mal begegnet, als ich noch hauptsächlich Anime geschaut habe. Seitdem habe ich immer wieder gehofft, dass der Titel eines Tages auch auf dem deutschen Markt erscheint. Durch Manga Cult wird dieser Wunsch nun endlich Wirklichkeit.

Geschrieben wurde die Geschichte von George Abe und gezeichnet von Masasumi Kakizaki. Der Seinen-Manga erschien ursprünglich im Magazin Shūkan Young Sunday des Verlags Shogakukan und wurde nach dessen Einstellung in Big Comic Spirits fortgesetzt. Zwischen 2003 und 2010 wurden insgesamt 22 Bände veröffentlicht, die Manga Cult hierzulande in Doppelbänden herausbringen wird.

Eine auf dem Manga basierende Anime-Adaption entstand beim renommierten Studio Madhouse und wurde im Jahr 2010 ausgestrahlt.

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Story: George Abe , Zeichnungen: Masasumi Kakizaki | Originaltitel: RAINBOW  | Übersetzung: Burkhard Höfler| Genre: Drama | Demografische Zielgruppe: Seinen | Verlag: Manga Cult | Preis: 18,00€ | der Manga auf der Verlagsseite

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Wie war’s?

Japan, 1955: Das Land liegt noch immer im Schatten des Krieges, die Trümmer des Krieges sind nicht nur in den Städten, sondern auch in den Köpfen der Menschen sichtbar. Armut, gesellschaftliche Zerrüttung und Orientierungslosigkeit prägen die Nachkriegsjahre. Inmitten dieser trostlosen Kulisse siedeln George Abe und Masasumi Kakizaki ihre Manga-Reihe Rainbow an. Eine Geschichte über sieben Jugendliche, die im Strafvollzug der 1950er Jahre versuchen, Menschlichkeit und Hoffnung zu bewahren.

Der Manga beginnt mit der Ankunft von sechs Jugendlichen in einer Besserungsanstalt. Ihre Taten, von Diebstahl über Körperverletzung bis hin zu kleinen Delikten, sind weniger Ausdruck krimineller Energie als vielmehr das Resultat eines Systems, das junge Menschen früh aufgibt. Sie alle sind Opfer gesellschaftlicher Umstände: Armut, Missbrauch, fehlende Perspektiven. In der Strafanstalt treffen sie auf Rokurota Sakuragi, genannt „Anchan“, einen älteren Häftling, der bald zur moralischen Stütze und Leitfigur der Gruppe wird.

George Abe zeichnet das Bild einer Jugend, die in einem Land ohne Halt aufwächst. Das Japan der 1950er Jahre war geprägt von Entbehrung, einer schwankenden Moral und tiefen sozialen Rissen. Rainbow reflektiert diese Zeit, ohne sie zu beschönigen: Das Justizsystem wird als Spiegel einer Gesellschaft gezeigt, die versucht, Kontrolle zurückzugewinnen, indem sie die Schwächsten bestraft. Der Manga fragt, ob moralisches Handeln in einer unmoralischen Welt überhaupt möglich ist. Die Jugendlichen, die für kleine Vergehen inhaftiert werden, werden in einem System gebrochen, das sie zu Tätern stempelt, obwohl sie in Wahrheit Opfer sind.

Von Beginn an macht der Manga deutlich, dass das Leben in der Anstalt nichts anderes als ein Kampf ums Überleben ist. Körperliche Misshandlung, Demütigung und Machtmissbrauch gehören zum Alltag. Besonders eindrücklich ist die Figur des Aufsehers Ishihara, der seine Autorität nutzt, um Angst zu säen und die Jugendlichen gegeneinander auszuspielen. Ebenso verstörend ist der Anstaltsarzt, der seine Stellung für sexuelle Übergriffe missbraucht. Diese Darstellungen sind schwer zu ertragen, wirken aber nie sensationsheischend. Abe nutzt sie, um das institutionalisierte Unrecht jener Zeit sichtbar zu machen.

So brutal die Schilderungen auch sind, sie besitzen historische Glaubwürdigkeit. Der Autor selbst wuchs in der Nachkriegszeit auf, und viele seiner Erfahrungen fließen direkt in die Geschichte ein. Rainbow wird dadurch mehr als eine reine fiktive Erzählung.

Trotz der Härte des Stoffes bleibt Rainbow kein reiner Leidensbericht. Im Zentrum steht die Freundschaft der sieben Jungen, die sich gegenseitig stützen und verteidigen. Ihre Beziehung zu Anchan, der ihnen beibringt, an sich selbst zu glauben, ist das emotionale Herz des Bandes. Der Titel des Werks verweist auf genau diese Idee: dass selbst in der dunkelsten Zeit ein kleiner Schimmer Hoffnung existiert.

Masasumi Kakizakis Zeichnungen verleihen dem Stoff eine ungewöhnliche Intensität. Sein realistischer, scharf konturierter Stil zeigt Gesichter, die vom Leben gezeichnet sind, und Körper, die Gewalt erlitten haben. Die Panels sind dynamisch und zugleich präzise komponiert, was dem Manga einen filmischen Rhythmus verleiht. Besonders in Momenten der Stille entsteht eine bedrückende Atmosphäre, die ohne viele Worte auskommt.

Kakizaki übertreibt gelegentlich die Mimik der Antagonisten, doch angesichts der emotionalen Momente, kann man ihm das verzeihen.

Manga Cult bringt die Reihe im bekannten Großformat in einer Omnibus-Fassung heraus, die zwei Bände umfasst.

Fazit

Rainbow ist kein Manga für zwischendurch. Er verlangt Geduld, emotionale Stärke und ein Interesse an historischen und gesellschaftlichen Themen. Der erste Band ist ein harter, aber eindrucksvoller Auftakt, der sowohl als Gefängnisdrama als auch als Zeitporträt funktioniert. Rainbow ist ein Werk, das nicht jedem gefallen wird, aber es ist eines, das man respektieren muss. Es zeigt, wie aus den Trümmern der Geschichte Menschlichkeit entstehen kann.

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Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Manga Cult zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!

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