Herzlich willkommen auf meinem Mangablog. Hier findet ihr Rezensionen zu deutschen und englischen Manga sowie Beiträge über Themen und Aspekte, die mich an dem Medium interessieren. Ab und an schaue ich auch über den Tellerrand hinaus und schnuppere in Comic-Kunst abseits Japans hinein.

Manga Rezension - Wandering Island

Wandering Island (Band 1 & 2)

Kenji Tsuruta ist ein Mangaka, der hierzulande zuletzt durch Emanon wieder mehr in den Fokus rückte. Zuvor sind aber bereits andere Werke des Zeichners auf dem deutschen Markt erschienen.

Wandering Island wurde erstmals als Teil von Kodansha’s Manga-Anthologie Manga Box AMASI am 13. Juli 2010 veröffentlicht. Seine unregelmäßige Serialisierung begann der Titel im September 2011 in der Monthly Afternoon von Kodansha. Derzeit gibt es zwei Printbände.

Eine deutsche Lizenz zu dem Titel gibt es nicht, auf dem US-Markt wird der Manga durch Dark Horse veröffentlicht, die mit Emanon auch ein anderes Werk des Autors in ihrem Programm haben.

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Text & Zeichnungen: Kenji Tsuruta | Originaltitel: Bouken Elektriciteit-tou | Genre: Slice-of-Life, Mystery | Demografische Zielgruppe: Seinen | Verlag: Dark Horse | Preis: ca. 14,00€ | mehr Informationen auf der Verlagsseite

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Wie war’s?

Auf einer der unzähligen winzigen Inseln am Rande Japans betreibt die meerbegeisterte Mikura zusammen mit ihrem zähen Großvater einen Wasserflugzeug-Frachtdienst. Als ihr Großvater, stirbt, hinterlässt er ihr ein seltsames Erbe: sein Haus in Hahajima, aber vor allem das, was sie dort für ihn findet: 30 Jahre alte Forschungsbücher, die eine legendäre Insel namens Electric Island aufspüren sollen. Dazu kommt noch ein mysteriöses Paket, das auf diese Insel geliefert werden soll und an eine gewisse Frau Amelia adressiert ist.

Mikura macht die Suche ihres Großvaters zu ihrer eigenen. Schon bald ist Mikura besessen von der Insel und tapeziert ihre Wände mit Karten. Sie möchte all ihr Wissen und ihre Fähigkeiten einsetzen, um die Insel zu entdecken.

Kenji Tsuruta ist für zeitlosen Science-Fiction-Geschichten bekannt, die ein Retro-Gefühl mit einer oft geheimnisvollen technologischen Umgebung vermischen. So ist es auch bei diesem Werk. Die Geschichte von Wandering Island ist dabei denkbar einfach: Mit nichts als den Nachforschungen ihres Großvaters, einigen Zeugenaussagen, ihren Versuchen, die Indizien zu analysieren, und vor allem ihrer Entschlossenheit setzt Mikura alles daran, Electric Island zu finden, die sich irgendwo auf dem Pazifik befinden soll. Als sie glaubt, sie ausfindig machen und sich ihr nähern zu können, scheint dies nur eine Illusion zu sein. Sie verliert sich so sehr in dieser Suche, in diesem Bedürfnis, sich mit etwas zu verbinden, dass sie alles andere um sich herum vernachlässigt: ihre Freunde, ihren Job, sogar ihre Stromrechnungen.

Wandering Island ist dabei mehr, als nur die Suche nach einer geheimen Insel. Es ist auch Mikuras emotionale Reise. Die Trauer um ihren verstorbenen Großvater hat sie bis ins Mark getroffen, auch wenn sie sich das zunächst nicht anmerken lässt. Die Suche nach der Insel ist etwas, dass der Mann ihr hinterlassen hat, der sie von klein auf unter seine Fittiche genommen hat. Indem sie Hinweisen nachgeht und mit all seinen alten Freunden spricht, kann sie eine Verbindung zu etwas von ihm herstellen, das greifbar ist.

Anzumerken ist in Bezug auf die Handlung, dass Wandering Island ein Manga ist, der noch nicht abgeschlossen ist, obwohl der letzte Band inzwischen vor einigen Jahren veröffentlicht wurde. Dies ist keine Seltenheit für den Mangaka Tsuruta, aber ich wollte es dennoch erwähnen. Der zweite Band endet mit einer Szene, die durchaus als offenes Ende interpretiert werden kann, wenn man es möchte.

Sein Stil ist sowohl sehr detailliert als auch verträumt, was gut auf das Setting der Serie abgestimmt ist. Er schafft eine einzigartige Atmosphäre, die gut zur ruhigen Erzählung passt. Man kann sich mühelos in diese intime und abgeschlossene Welt hineinversetzen, ein Gefühl, das durch die geschickte Verwendung verschiedener Perspektiven noch verstärkt wird. Wir werden buchstäblich in die Welt hineingezogen und können uns vollkommen darin verlieren.

Wenn ich Kritik üben müsste, dann daran, dass es mich ab einen Punkt ein wenig gestört hat, dass die Heldin oft in Bikinioberteilen oder Unterwäsche gezeichnet wurde. Kenji Tsuruta hat zwar in all dieser Erotik etwas anmutiges und es wirkt keinesfalls Lüstern, dennoch fühlte es sich (für mich) nach einer Weile überflüssig und abgenutzt an.

Dark Horse bringt den Titel in einem hochwertigen Großformat heraus und stattet die Erzählung auch mit Farbseiten aus. Herauszuheben ist hier jedoch, dass der Titel derzeit im Handel nicht komplett als Printausgabe erhältlich ist, weil einer der beiden Bände vergriffen ist. In der digitalen Version ist die Reihe aber weiterhin komplett lesbar auf gängigen Plattformen.

Fazit

Wandering Island ist ein Manga, der mich durch seine ruhige, aber dennoch intensive Atmosphäre beeindrucken konnte und von dem ich gerne mehr gesehen hätte. Wir werden abwarten müssen, ob es noch dazu kommen wird. Dass der Manga pausiert war mir beim Kauf nicht wirklich bewusst und ich habe das Ende daher auch eher offen interpretiert.

Zu empfehlen ist der Manga denjenigen, die ruhige, geerdete Science-Fiction-Abenteuer suchen und sich nicht scheuen, den Blick neben den Mainstream zu wagen.

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