Square Enix dürfte westlichen Fans vor allem als Hersteller von Videospielen bekannt sein, ist aber auch im Mangageschäft tätig und Publisher hinter einigen bekannten Titeln. Nachdem Square Enix 2019 angekündigt hat, in den USA selbst als Verlag zu agieren, folgt nun der nächste Schritt auf dem internationalen Markt und nach Vorbild der Manga Plus-App von Verlagsriese Shueisha kommt von Square Enix die Manga UP!-App.
Die habe ich in den letzten Tagen ausgiebig getestet und möchte euch heute meinen Eindruck hinterlassen. Ich habe die App auf meinem Fairphone getestet, welches mit Android 11 läuft sowie auf meinem Tablet mit Android 9.
Das Gute
Da die App bereits in Japan einige Jahre auf dem Markt ist, ist die Technik bereits ausgereift. Ich hatte lediglich einen Fehler zu beklagen bei den In-App-Käufen. Ich konnte auf meinem Gerät die niedrigste Stufe nicht wählen.
Die App ist sowohl für Android-Geräte als auch auf iOS ausgerichtet und kann bequem über die offiziellen Appstores der beiden Hersteller heruntergeladen werden.
Die Titelauswahl ist aus meiner Sicht für den Beginn recht ordentlich. Square Enix hat sowohl bekannte Titel wie unter anderem Fullmetal Alchemist, Barakamon, Mein Schulgeist Hanako, Horimiya etc. aufgenommen als auch ein paar etwas unbekanntere Titel. Wodurch es genug zu entdecken gilt. Mit der Zeit sollen weitere Reihen in den Katalog aufgenommen werden.
Was die Funktionalität angeht findet man sich schnell in die App ein. Sie ist vom Aufbau ähnlich wie viele bekannte Apps. Auch die Leseansicht ist sehr flüssig gewesen und der Wechsel von Kapitel zu Kapitel unkompliziert.
Aber gleichzeitig viel Schlechtes …
Ich habe in den letzten Monaten so einige Manga-Apps getestet. Unter anderem für meine Übersicht über legale, digitale Anbieter. So sind die einige Nachteile der App mir bereits nach geringer Nutzung ins Auge gefallen.
Beim ersten Reinschauen in die App habe ich mich völlig überfordert gefühlt. Square Enix setzt nicht etwa auf ein monatliches Abo wie viele der US-Manga-App-Anbieter sondern auf ein Coin-System.
Ein Coin-System, welches dazu ziemlich kompliziert aufgebaut ist.
Man kann pro Tag acht Kapitel kostenlos lesen, dabei handelt es sich aber jeweils nur um die ersten Kapitel einer Reihe. Wie viele das sind, ist dabei von Reihe zu Reihe unterschiedlich.
Die nächsten Kapitel müssen freigeschaltet werden, mit UP- oder XP-Punkten bzw. Coins. UP-Punkte bekommt man jeden Tag neu aufgefüllt. Dabei kann man maximal auf 120 Punkte kommen. XP-Punkte/Coins indes müssen durch Echtgeld erworben werden (XP-Punkte kann man auch durch Empfehlungen erhalten).
Der Wert eines Kapitels liegt bei jeweils 30 UP-Punkten bzw. 30 XP-Punkten oder 30 Coins.
Beim ersten Kauf kann man 120 Coins für 0,99€ kaufen. Danach sind 490 Coins für 4,09€ die nächste Stufe.
In Kapitel umgerechnet sind es vier bzw. 16 Kapitel. Auf den ersten Blick kein schlechter Deal, wenn man es in Mangabände umrechnet. Der Haken bei der Sache: Man leiht die Kapitel lediglich und erwirbt sie nicht. Das Kapitel kann anschließend 2 Tage und 23 Stunden gelesen werden.
Darüber hinaus wurden einige Kapitel noch einmal unterteilt in mehrere kleinen Kapitel, was die Kosten noch einmal erhöht. Bei einigen Reihen geht es so weit, dass ein reguläres Mangakapitel noch einmal in vier Mini-Kapitel unterteilt ist. Heißt, mit meinen 120 UP-Punkten komme ich eigentlich nur auf ein Kapitel bei einigen Titeln. Für meine 4,09 Euro lediglich auf vier “richtige” Kapitel.
Die Kapitel, die man nur mit Coins/XP erwerben kann nennen sich “Advance-Kapitel” und werden nach einer gewissen Zeit zu Kapiteln, die man auch über UP-Punkte lesen kann. Das geschieht bei einigen Kapitel allerdings erst in einigen Monaten bis Jahren (wenn diese Angabe korrekt ist). Entsprechend scheint man durch den Publisher wirklich gezwungen, Coins zu kaufen, wenn einen die Reihe interessiert.
Darüber hinaus gibt es eine kuriose Zensur-Politik. Laut einem Statement von Square Enix hängt das damit zusammen, dass die App global erhältlich ist und nicht nur auf bestimmte Länder beschränkt. Zu viel nackte Haut wird mit dicken schwarzen Balken verdeckt und das auch bei Szenen, die keinesfalls zu anzüglich sind. So erwischt es auch mal ein nacktes Knie.
Was heißt das jetzt?
Ich habe mich jetzt einige Tage intensiv mit der App beschäftigt und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass aus meiner Sicht Manga UP! zwar durchaus ein guter Schritt ist – insbesondere für den legalen Mangamarkt- leider aber auch sehr viele Nachteile hat, was die Leser*innen-Freundlichkeit angeht.
Das Coin-System ist sehr kompliziert gestaltet und schreckt eher ab. Ein Abo-System werde da deutlich leichter zu verstehen. Der größte Minuspunkt für mich war aber vor allem, dass ich die Kapitel auch für Coins lediglich ausleihe für 3 Tage und nicht einmal erwerbe.
Dass die UP-Punkte zwar täglich aufgefüllt werden, ist nett, allerdings kommt man mit vier Kapitel pro Tag nicht wirklich weit. Zumal die Kapitel in vielen Fällen auch noch aufgeteilt wurden.
Wenn man in Titel reinlesen oder nur ein, zwei Reihen intensiv verfolgen möchte, die viele Kapitel haben, die über UP-Punkte gelesen werden können, dann lohnt sich die App aus meiner Sicht schon. Für intensives digitales Lesen aber ist sie definitiv kein Favorit. Es mag zwar sein, dass man auch im Abo-Modell den Manga nicht wirklich erwirbt, sondern nur leiht, da ich hier aber für das Geld im Monat mehr Kapitel erhalte, bleibt es das attraktivere Modell in meinen Augen.
Square Enix muss aus meiner Sicht noch Nachbessern, damit man wirklich eine App bietet, die sich behaupten kann und für mehr Legalität auf dem Mangamarkt sorgt. Viele Anbieter haben vorgemacht, dass es funktionieren kann, genau das zu liefern.