Herzlich willkommen auf meinem Mangablog. Hier findet ihr Rezensionen zu deutschen und englischen Manga sowie Beiträge über Themen und Aspekte, die mich an dem Medium interessieren. Ab und an schaue ich auch über den Tellerrand hinaus und schnuppere in Comic-Kunst abseits Japans hinein.

Blood on the Tracks (Band 1) - Manga Rezension

Blood on the Tracks (Band 1)

[Anzeige, da Rezensionsexemplar]

Shuzo Oshimi debütierte mit seinem Titel Superfly 2001 in Kodanshas Monthly Shonen Magazine. International bekannt ist er unter anderem für Die Blumen des Bösen oder Happiness. Seine Werke wurden in vielen verschiedenen Medien adaptiert. Im Jahr 2001 wurde er mit dem Tetsuya Chiba Award ausgezeichnet.

Die erste Reihe des Mangakas auf dem deutschen Markt ließ lange auf sich warten, ehe Manga Cult von November 2021 bis Juli 2022 Die Blumen des Bösen veröffentlichte. Blood on the Tracks läuft seit September 2022 bei dem Verlag. Im zukünftigen Programm wurde mit Welcome Back, Alice eine weitere Reihe des Künstlers angekündigt.

Blood on the Tracks läuft in Japan unter dem Namen Chi no Wadachi seit Februar 2017 in der Big Comic Superior, einem zweimonatigen Mangamagazin von Publisher Shogakukan. Als Tankobon sind bislang 14 Bände veröffentlicht worden.

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Text & Zeichnungen: Shuzo Oshimi | Originaltitel: Chi no Wadachi | Übersetzung: Jan-Christoph Müller | Verlag: Manga Cult | Demografische Zielgruppe: Seinen| Genre: Drama, Thriller| Preis: 10,00€ | Großformat | Weitere Informationen & Leseprobe

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Wie war’s?

Das Leben von Seiichi ähnelt dem vieler japanischer Teenager. Er nimmt mehr oder weniger interessiert am Unterricht teil; seine Gefühle für ein hübsches Mädchen blühen auf; er streitet sich mit seinen Freunden. Zu Hause ist sein Vater ein überforderter Geschäftsmann, der oft abwesend ist, während seine Mutter Seiko sich um den Haushalt kümmert. Der einzige Unterschied ist, dass sein Cousin Shigeru der Meinung ist, dass Seiichi von seiner Mutter viel zu sehr verwöhnt wird.

Seiko ist ihrem Sohn gegenüber immer freundlich, erfüllt ihm jeden Wunsch, bevor er überhaupt darum bittet, versucht Zeit mit ihm zu verbringen und fürchtet sich davor, dass er sich von ihr entfernt. Nichts und niemand kann sich zwischen sie und ihr Kind stellen. Nach und nach spürt Seiichi ein Unbehagen in sich aufsteigen, ein undefinierbares Gefühl, das ihn verwirrt und ängstigt. Ein schrecklicher Sommertag ändert schließlich alles, was Seiichi bisher geglaubt hat.

Shuzo Oshimis Werke scheuen sich nicht davor, bei der Leserschaft Unbehagen und Verunsicherung auszulösen. Mit Subtilität und einem sehr gut geführten, spannungsgeladenen Rhythmus lässt der Mangaka den banalen Alltag eines Mittelschülers ins Chaos gleiten. Die mütterlichen Beziehungen stehen im Mittelpunkt dieses Werkes: Kann man sein Kind zu sehr lieben? Wie weit darf eine Mutter gehen, um ihr Kind zu schützen?
Da die meisten Ereignisse in diesem Eröffnungsband bodenständiger sind als in seinen letzten Werken, scheinen sie eine alltägliche und bisweilen banale Welt darzustellen. Aber es gibt eine unterschwellige Spannung, die auch durch Oshimis künstlerisches Geschick erzeugt wird.

Es gibt Panels, in denen Charaktere gezeigt werden, die etwas oder jemanden anschauen, die so gezeichnet sind, dass die Figur uns, den Leser, direkt anschaut und gefühlt Augenkontakt herstellt.

Auch werden Panels oft aus der Sichtweise des jeweiligen Charakters gezeichnet, wodurch die Leserschaft mit voller Wucht in die Geschichte hineingezogen wird und lebendige Bilder entstehen. Das macht den Schrecken, der den Szenen zugrunde liegt, umso wirkungsvoller. Außerdem verfügt er über ein sehr filmisches Erzählen. Sehr oft treffen die Leser*innen auf ein paar Panels mit Gesichtern, gefolgt von einem Panel, der einen winzigen Ausschnitt zeigt eines Körpers etc., auf den der Blick des Charakters gerade fällt.

Shuzo Oshimis Strich ist realistisch angehaucht, seine Panelführung klar und flüssig.

Neben der künstlerischen Gestaltung gibt es auch eine gut ausgearbeitete Erzählebene, die trotz des schnöden Alltags von Seiichi Spannung aufbaut. Wir sehen Schnappschüsse eines scheinbar normalen Familienlebens und Seiichis alltägliche Erfahrungen in der Schule. Dies alles wird jedoch durch die Anwesenheit von Seiichis Mutter untergraben, die auch dann über ihn zu schweben scheint, wenn sie nicht anwesend ist. Von Anfang an ist klar, dass von Seiichis Mutter eine unterschwellige Bedrohung auszugehen scheint.

All das gipfelt schließlich in einem alptraumhaften Sommerurlaub, der die Weichen für die kommenden Bände zu legen scheint.

Manga Cult bringt den Titel in dem für den Verlag typischen Großformat, welcher angesichts des detaillierten und realistischen Stils von Oshimi die vollkommen richtige Wahl für diese Reihe ist. Das Papier ist von guter Qualität und neben bedrückten Cover-Innenseiten können sich Fans über einige Farbseiten freuen.

Fazit

Auch wenn sich dieser erste Band Zeit lässt, um den Leser zu ködern, wird man am Ende belohnt und das Finale macht Lust auf die Fortsetzung der Serie. Blood on the Tracks scheint bislang bodenständiger als andere Werke des Autors, dennoch spielt der Mangaka auch hier wieder mit einer unterschwelligen Bedrohung, die sich durch sein künstlerisches Geschick in jedem Panel fühlen lassen.

Der Manga ist für diejenigen zu empfehlen, die mit Blumen des Bösen bereits Freude an dem Autor gefunden haben, aber auch für diejenigen einen Blick wert, denen der erste Titel des Mangakas auf dem deutschen Markt vielleicht nicht so zugesagt hat. Denn auch wenn beide Reihen viel gemein haben in ihrer gestalterischen Umsetzung, wendet sich Oshimi hier einem neuen Thema zu.

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Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Manga Cult zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!

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