Herzlich willkommen auf meinem Mangablog. Hier findet ihr Rezensionen zu deutschen und englischen Manga sowie Beiträge über Themen und Aspekte, die mich an dem Medium interessieren. Ab und an schaue ich auch über den Tellerrand hinaus und schnuppere in Comic-Kunst abseits Japans hinein.

Shiver

Shiver

Nachdem mit Uzumaki und Gyo bereits zwei von Junji Itos längeren Werken auf dem deutschen Markt erschienen sind, folgt mit Shiver nun die erste Kurzgeschichtensammlung des Horror-Mangakas.

Ito begann mit dem Schreiben und Zeichnen von Manga als Hobby, während er als Zahntechniker arbeitete. Im Jahr 1987 reichte er eine Kurzgeschichte bei Gekkan Halloween ein. Diese Geschichte wurde später als Tomie serialisiert und war der Startschuss zu einer erfolgreichen Karriere. Sein Hauptwerk besteht aus Kurzgeschichten und Oneshots. Werke die über zwei Bände gehen sind hingegen eher die Ausnahme.

Seit 1999 sind mehrere seiner Mangas als Realfilme umgesetzt worden.

Auf dem deutschen Markt erschien 2013 die Reihe Uzumaki in drei Taschenbuchbänden, ehe es anschließend wieder still um Ito wurde. 2019 legte Carlsen Manga die Reihe in einem Hardcover-Sammelband erneut auf und ließ anschließend weitere Ito-Werke folgen. Shiver ist die dritte Veröffentlichung, Anfang 2020 wird der Sammelband zu Tomie, einem der bekanntesten Ito-Werke folgen.

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Story&Zeichnungen: Junji Ito | Originaltitel: Itou Junji Jisen Kessakushuu |Zielgruppe: Seinen | Genre: Horror | Verlag: Carlsen Manga | Preis: 24,00€ | Mehr Informationen

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Wie war’s?

Shiver versammelt zehn von Itos Geschichten, darunter eine neuere Story, die jeweils mit persönlichen Kommentaren und Skizzen des Mangaka versehen sind.

“Die gebrauchte Schallplatte” erzählt die Geschichte einer Schallplatte, die den geisterhaften Gesang einer kürzlich verstorbenen Jazzsängerin einfing. Die titelgebende Geschichte “Shiver” ist eine von Itos Storys mit visuellem Horror. Darin geht es um ein verfluchtes Artefakt, das jeden, der es besitzt, mit Löchern übersät.

“Das Model” zeigt eine Hauptfigur mit haifischähnlichen Zähnen, die furchterregend und abstoßend wirkt, aber regelmäßig in Modemagazinen erscheint. Ihr wird auch die die neue Zusatzstory am Ende des Bandes gewidmet. In “Henkerballon” gehen indes ballonartige Doppelgänger auf die Jagd nach ihrem jeweiligen menschlichen Gegenpart. In “Das Marionettenhaus” spielt Ito mit dem gerne genutzten Horror-Motiv der Puppen. Mit “Der Maler” hat der Mangaka eine seiner bekannten Tomie-Geschichten ausgewählt.

In “lange Träume” geht es um einen Mann, der behauptet, dass seine Träume immer länger werden und darüber, wie er sich zu verändern beginnt, während seine Träume sich immer weiter ausdehnen. Auch “Die ehrenwerten Vorfahren” und “Glyzerid” sind Geschichten aus Itos Body-Horror-Segment. Insbesondere “Glyzerid” wird den Leser*innen in dieser Hinsicht viel abverlangen, wie der Mangaka später auch in seinem Kommentar erörtert.

Shiver ist gefüllt mit fast vierhundert Seiten an kurzen Horrorgeschichten von Junji Ito. Die Auswahl ist dabei gut gewählt. Die Themen und der Ton variieren und nicht immer ist es Bodyhorror, mit dem Ito seine Leser*innen zum Gruseln bringt. So verwendet die Eröffnungsgeschichte er eine andere Horror-Ebene und auch “Der Maler” spielt mehr mit dem Übersinnlichen als reinem Bodyhorror. Jede Kurzgeschichte erzeugt vom ersten bis zum letzten Panel eine einzigartige Spannung. Sie wirft von Anfang an eine Frage auf und stellt einen Charakter in den Mittelpunkt.

Keine Geschichte in der Sammlung scheint zu kurz zukommen. Wenn es sicherlich auch einige schwächere Storys gab, die sich nicht so einprägen wie andere, war das Niveau in der Summe recht hoch. Viele von den Geschichten gehen leicht ins Bizarre und können exzentrisch, unsinnig und irrational werden. So wie Doppelgänger in Form von riesigen Ballon-Köpfen, sie sie in ein großes Verderben stürzen wollen. Seine Geschichten haben immer wieder neue Wendungen auf Lager. Dennoch sind diese Erzählungen immer kreativ und, was wichtig ist, unglaublich einzigartig. Vor allem, wenn man bedenkt, wie viel Kurzgeschichten Ito bisher in seiner Karriere geschrieben hat, ist dies ein herausragendes Merkmal.

Der Band zeigt zudem den kreativen Prozess von Junji Ito sowohl in seinen Kommentaren als auch in seinen Konzeptskizzen und gibt den Leser*innen so einen Einblick, wie der Horror-Mangaka zu seinen Ideen kommt und wie diese schließlich zu einer Geschichte werden. Eine Tatsache, die in diesem Umfang in Kurzgeschichten-Bänden selten anzutreffen ist. Etwas schade ist in diesem Zusammenhang, dass es keine klaren Informationen darüber gibt, wann die einzelnen Kurzgeschichten zum ersten Mal veröffentlich wurden, da man so die einzelnen Werke nicht in den Werdegang des Mangaka einordnen kann.

Junji Ito ist ein Meister, wenn es darum geht, einige der unheimlichsten und verstörenden Bilder in Horror-Manga zu erschaffen. Das Artwork ist zwar schwarz-weiß, das verhindert aber nicht die Übermittlungen einer breiten Palette von Stimmungen und einer besonderen Ästhetik. Ganz im Gegenteil: Ito nutzt den Mangel an Farbe regelrecht, um stimmungsvolle und unheimliche Illustrationen zu schaffen.

Neben regulärer Rasterfolie greift Ito auch auf den Gebrauch von einem Linienmuster zurück, um Textur in seine Zeichnungen zu bringen. Alle blutigen Elemente sind mit einer Vielzahl von Linien schattiert, die dafür sorgen, dass insbesondere die Hintergründe sehr detailliert ausgearbeitet sind und sehr viel Tiefe haben. Ito’s Zeichenstil nutzt auch starke Kontraste, sowohl bei den Charakteren als auch in den Hintergründen. Er baut langsam Atmosphäre auf und seine Panels sind voller Details.

Carlsen Manga bringt den Band in einem Hardcover-Großformat. Designtechnisch wählt der Verlag Farben und Elemente wie in den bisherigen Hardcover-Veröffentlichungen Itos, so dass ein stimmiges Bild im Regal entsteht. Die Innenseiten des Umschlags sind mit Illustrationen des Mangakas farbig gestaltet. Darüber hinaus wurde ein festeres Papier verwendet, welches den Band auch innen hochwertig erscheinen lässt.

Fazit

Mit Shiver erhalten die Leser*innen ein knapp 400 Seiten starkes Werk vom Meister des Horrors. Auch wenn sicherlich nicht alle beinhalteten Geschichten auf dem gleichen Niveau sind, so bringen sie doch interessante Handlungsverläufe mit und lassen durch Kommentare und Skizzen hinter die Kulissen schauen.

Das Werk ist dabei sowohl Einsteigern als auch eingefleischten Ito-Fans zu empfehlen.

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Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Carlsen zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!

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