Herzlich willkommen auf meinem Mangablog. Hier findet ihr Rezensionen zu deutschen und englischen Manga sowie Beiträge über Themen und Aspekte, die mich an dem Medium interessieren. Ab und an schaue ich auch über den Tellerrand hinaus und schnuppere in Comic-Kunst abseits Japans hinein.

Ice Age Chronicle of the Earth - Manga Review

Ice Age Chronicle of the Earth

[Anzeige: Ich habe den zweiten Band vergünstigt vom Verlag erhalten. Meine Meinung ist davon natürlich nicht beeinflusst.]

Nur wenige Tage vor dem überraschenden Tod von Jiro Taniguchi am 11. Februar 2017 veröffentlichte Schreiber & Leser den ersten Band der zweiteiligen Erzählung “Ice Age Chronicle of the Earth”, die zu den Frühwerken des Mangakas gehört, der heute vor allem für seine nachdenklichen und stillen Geschichten bekannt ist, die er zum späteren Zeitpunkt seiner Karriere veröffentlichte.

In Japan erschien der Manga zunächst von 1987 bis 1988 im Manga-Magazin Afternoon des Verlags Kodansha, wechselte dann zu dessen Schwestermagazin Morning und endete dort 1991. Die Kapitel wurden in zwei Bänden zusammengefasst.

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Text & Zeichnungen: Jiro Taniguchi | Originaltitel: Chikyuu Hyoukai Goto Osamu | Übersetzung: Tsuwame und Resel Rebiersch | Genre: Science-Fiction | Demografische Zielgruppe: Seinen | Verlag: Schreiber & Leser | Preis: 16,95€ |In zwei Bänden abgeschlossen | mehr Informationen auf der Verlagsseite

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Wie war’s?

In der fernen Zukunft lebt die Menschheit unter den Bedingungen der nächsten Eiszeit. In der Eiswüste Nunatak arbeiten Männer und Frauen in der Mine Tarpa, die Rohstoffe für die Megalopolis Abyss fördert. Sie haben sich wegen des guten Lohns für die harte Arbeit verpflichtet und in ihrer Freizeit versuchen sie, das Leben in dieser Welt zu genießen. Während die meisten Arbeiter hier nur wegen des Geldes arbeiten und am liebsten sofort diesen Ort verlassen wollen, ist der junge Takeru Yamato von seinem Vater, dem Präsidenten von Shivr, hierhergeschickt worden. Als außerehelicher Sohn soll er sich zunächst einmal beweisen.

Mit der Zeit bricht die alte Mine jedoch auseinander, bis auch noch ein Sturm aufkommt und sich das Klima zu verändern scheint. Dann erschüttert eine Explosion die Mine. Direktor Gilham kommt dabei ums Leben. Aber vorher macht er noch Takeru zum neuen Leiter der Mine. Der steht nun vor völlig neuen Aufgaben, mit denen er wachsen muss, wenn er nicht möchte, dass die Arbeiter der Mine sterben. Mit einem Trupp begibt sich Takeru an die Oberfläche, um Hilfe zu holen. 

Wenn man den Manga aufschlägt, dann beeindruckt zunächst einmal die visuelle Darstellung des Titels. Taniguchis Zeichnungen sind detailreich und kunstvoll, was die düstere und kalte Atmosphäre der neuen Eiszeit eindrucksvoll vermittelt. Seine Erzählweise ist atmosphärisch und dicht, durch den Einsatz von Linien und Strichen können einige Panel aber auch schwer wirken und das Tempo der Erzählung verlangsamt. Die Kombination von Elementen aus franco-belgischen Comics mit Einflüssen von Hayao Miyazaki und Katsuhiro Otomo verleiht dem Manga eine einzigartige visuelle Identität.

Ein zentrales Thema des Mangas ist aber zweifelsohne die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Die Natur wird als mächtige, oft feindliche Kraft dargestellt, die die Menschheit immer wieder in die Knie zwingt. Dies spiegelt die Zerbrechlichkeit der menschlichen Zivilisation und die Notwendigkeit wider, sich an extreme Umweltbedingungen anzupassen. 

Allerdings ist die Handlung so umfangreich, dass sie ein wenig verwirrend, ja unübersichtlich wird. Wir haben eine Eiszeit, einen verheerenden Klimawandel, riesige Wale, intelligente Pflanzen, eine Prophezeiung, wilde Maschinen, einen verrückten Supercomputer, der die Menschen durch eine neue Rasse von Übermenschen ersetzen will, und Medishin, außerirdische Götter. Darüber hinaus lässt das Werk einige Fragen unbeantwortet und wirkt stellenweise unvollständig, was beim Lesen ein Gefühl der Unzufriedenheit hinterlässt.

Etwas Schade ist auch, dass der Protagonist des Mangas, Takeru, zu eindimensional bleibt. Sein Vater hat ihn aus ungeklärten Gründen in die Mine geschickt, aber er hat ihm eine Nachricht und ein geheimnisvolles Armband hinterlassen, das seiner Mutter gehörte. Theoretisch sollte Takeru die Basis leiten, aber er ist dazu nicht in der Lage. Er ist ein dummer, eingebildeter junger Mann, der glaubt, dass er alles tun kann, was er will, weil er er selbst ist. Plötzlich jedoch zwingen die Ereignisse den Protagonisten zu einer radikalen Veränderung seiner Einstellung. Von einer Seite auf die andere übernimmt Takeru die Kontrolle über die Situation und führt seine Gefährten an. Es ist eine sehr abrupte und erzwungene Veränderung, die dadurch zu unglaubwürdig wirkt. Hier wäre ein langsamerer und ruhiger Übergang sicherlich angemessener gewesen.

Schreiber & Leser setzt das Werk von Taniguchi in gewohnter Qualität um. Der Manga wurde mit hochwertigem Papier und Klappenbroschur herausgegeben. Zudem gibt es einige farbige Seiten zu bestaunen.

Fazit

“Ice Age Chronicle of the Earth” ist ein schwieriges Werk und dürfte vor allem Hardcore-Fans des Mangakas ansprechen. Denn so hochwertig die Zeichnungen von Taniguchi auch sind, so gibt es doch einige erzählerische Schwächen, die den Gesamteindruck aus meiner Sicht trüben. Die Ansätze, die gewählt werden, sind interessant, am Ende aber zu viele für eine Erzählung in diesem Umfang, so dass viele Rätsel nie gelöst werden. 

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