Herzlich willkommen auf meinem Mangablog. Hier findet ihr Rezensionen zu deutschen und englischen Manga sowie Beiträge über Themen und Aspekte, die mich an dem Medium interessieren. Ab und an schaue ich auch über den Tellerrand hinaus und schnuppere in Comic-Kunst abseits Japans hinein.

One Room Angel Manga Rezension

One Room Angel

Obwohl von Harada in Deutschland noch kein Werk erschienen ist, gehört Harada zu den bekannteren Namen in der Boys-Love-Szene. Zu den bekanntesten Werken zählen Nii-chan oder Color Recipe.

In Japan lief One Room Angel vom Oktober 2017 bis zum Dezember 2018 im Magazin onBLUE von Shodensha. Darüber hinaus wurde der Titel als Einzelband veröffentlicht. Die Lizenz auf dem deutschen Markt sicherte sich Hayabusa Manga.

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Text/Zeichnungen: Harada| Originaltitel: One Room Angel | Übersetzung: Gandalf Bartholomäus| Verlag: Hayabusa | Genre: Drama, Boys Love, Slice-of-Life | Preis: 12,00€ | Großformat | Weitere Informationen

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Wie war’s?

“Ein Kackleben.” Das ist genau das, was Kouki, ein barscher, mürrisch aussehender 30-jähriger Mann, dessen Vergangenheit nicht immer einfach war, sich immer wieder einredet.

Kouki hat viel durchgemacht und arbeitet aktuell nachts in einem Konbini, hat nicht genug Geld und begnügt sich damit, in einer kleinen Einzimmerwohnung, ohne Fernsehen und Internet zu leben. Keine Freunde, keine Freundin, keine Hobbys. Kouki hält sein Leben für wertlos.

Als ihn seine Vergangenheit einholt, scheint es, als wäre sein Leben tatsächlich vorbei, doch so hat sich der 30-Jährige sein Ende dann doch nicht vorgestellt: Nach einer sinnlosen, kleinen Schlägerei, ist er kurz davor, nach einer Messerwunde in einer Gasse zusammenzubrechen. Kurz bevor er ohnmächtig wird, sieht er einen seltsamen Jungen mit Flügeln, der vor ihm den Himmel hinabfällt.

Einen Monat später wird Kouki endlich aus dem Krankenhaus entlassen, nicht ohne dabei zu erfahren, dass er erneut seinen Job verloren hat. Den Engel hält er für eine Erscheinung, zumindest, bis er seine Haustür aufmacht und von dem geflügelten Jungen empfangen wird, der geduldig auf ihn wartet. Doch der Engel ist so gar nicht, wie er sich ihn vorgestellt hat: Der Teenager mit den weißen Flügeln ist eher wie ein missmutiges und vulgäres Kind. Zudem hat er keine Erinnerung daran, wer er ist und was er auf der Erde tut!

Zwischen Kouki und dem nicht ganz so engelhaften Teenager mit Amnesie beginnt ein ereignisreiches Miteinander. Ein Zusammenleben, das nicht nur nach und nach ihre Geschichte offenbart, sondern sie auch weitreichend zu verändern scheint…

In One Room Angel liefert Harada eine sanfte, tiefgehende Geschichte ab, die ohne Erotik auskommt. Harada erzählt die Geschichte zweier Protagonisten, deren Wege sich kreuzen und die durch zufällige Umstände zusammenleben und sich aneinanderbinden, während sie sich nach und nach ihrer Vergangenheit stellen müssen.

Genau in diesen Bezügen weicht Harada von der Sanftheit der Geschichte ab. So fluffig, wie die ungewöhnliche WG erscheint, so düster ist der Blick in die jeweiligen Geschichten der Figuren und die Gesellschaft: Kouki, der in seiner Vergangenheit im Yakuza-Milieu verkehrte, Drogenhandel sowie eine Entscheidung, die Kouki in Bezug auf seinen Bruder treffen musste. Die Härte der Arbeitswelt, in der Kouki während seines Krankenhausaufenthalts entlassen wird und aufgrund seines Aussehens keinen neuen Job finden kann.

Harada lässt menschliche Schwäche zu und zeigt sie mit voller Wucht: Es geht um Mobbing, Eifersucht, das Ergebnis von falschen Gerüchten sowie Suizid und negativen menschlichen Emotionen wie das Gefühl von Schuld oder der Überzeugung, dass das Leben keinen Sinn macht.

Dazu passt auch, dass der junge Engel die Besonderheit hat, dass er die Emotionen der Menschen in seiner Umgebung lesen kann. Seine körperliche Gesundheit verschlechtert sich, wenn er mit negativen Emotionen oder Gedanken in Berührung kommt, was zu einigen recht dunklen Szenerien führt.

Trotz der recht dramatischen Handlung ist die Geschichte nicht nur düster, sondern enthält eine starke Botschaft der Hoffnung. Kouki kämpft verzweifelt darum, auch nur das kleinste bisschen Wert und irgendeine Art von Daseinsberechtigung für sich selbst zu finden. Der Engel sorgt dafür, dass Kouki versteht, dass in seinem Inneren viel Güte ist und Kouki öffnet sich allmählich seinen ungewöhnlichen Freund. Obwohl er im Hinterkopf weiß, dass er ihn für immer verlieren wird, wenn der Engel seine Erinnerungen zurückerlangt und wieder fliegen kann. Trotz dieser Angst, wieder einsam zu sein, reicht er dem Engel immer wieder eine helfende Hand.

So entwickeln sich die beiden Hauptcharaktere immer weiter und scheinen mit sich ins Reine zu kommen. Nicht zu kurz kommt dabei der Humor zwischen dem Duo – vor allem dank der oft vulgären und groben Ausdrucksweise des Engels, aber auch dank einiger leicht komischer Situationen!

Die Hauptfiguren sind gut von Harada entwickelt. Obwohl der Manga in einem Boys-Love-Magazin lief, kann man nicht wirklich von einem “Paar” im romantischen Sinne sprechen. Es ist jedoch keine Beziehung ohne Verbundenheit und man spürt über die Seiten, dass die beiden Figuren etwas verbindet. Kouki ist unbeholfen, scheint nach Außen hart zu sein, aber im Grunde ist er eine sanfte Seele, die seinen Platz in der Gesellschaft sucht. Der Engel hingegen ist offen, direkt und stets ohne Taktgefühl.

Was das Visuelle betrifft, kann Harada ebenfalls völlig überzeugen. Jede Figur hat wirklich ihr eigenes Aussehen, ihre Besonderheiten. Neben Koukis robustem und geduldigem Aussehen wirken die jugendliche Silhouette und das Gesicht des Engels besonders sanft.

Darüber hinaus hat sie ein filmisches Verständnis von Panels, mit dem die Geschichte Panel für Panel aufschlüsselt wird, um bestimmte Emotionen hervorzurufen. Harada zeichnet ihre Figuren aus allen Blickwinkeln und bildet dadurch gekonnt und glaubwürdig Bewegung ab. Das Spiel von Licht und Dunkelheit trägt zudem dazu bei, die Stimmung in den dramatischsten Momenten zu verstärken.

Hayabusa bringt den Titel in einem Großformat heraus. Als Extras gibt es Farbseiten sowie in der ersten Auflage eine sogenannte SNS-Card. Dabei handelt es sich um Karten, die einem Instagram-Post nachempfunden sind und jeweils einen oder mehrere Charaktere zeigen, die auf einer halb durchsichtigen Folie gedruckt wurden. Die Karte von One Room Angel zeigt beide Hauptfiguren.

Etwas schade ist, dass der Druck zum Teil durch die Seiten scheint und man so vor allem in hellen Abschnitten der Panels Linien von der jeweils anderen Seite sieht.

Fazit

One Room Angel mag zwar in einem Boys-Love-Magazin erschienen sein, ist aber eine sanfte und zarte Lektüre, die für eine breite Leserschaft geeignet ist.

Hier über seine innere Hürde bezüglich Boys Love zu springen lohnt sich auf jeden Fall und man bekommt ein Werk mit tiefgehender Thematik präsentiert, welches nur eine platonische Beziehung als Thema hat.

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