Tagames Arbeiten waren bislang vor allem im homosexuellen BDSM-Bereich anzusiedeln, zuletzt schrieb er aber auch All-Age-Werke. Seine erste Reihe dieser Art war Der Mann meines Bruders, mit welchem er einige Preise gewinnen konnte.
Seine zweite Reihe Unsere Farben lief seit 2018 im Seinen-Magazin Monthly Action des Verlags Futabasha, wo auch schon Der Mann meines Bruders veröffentlicht wurde. 2020 fand der Titel sein Ende und wird insgesamt drei Sammelbände umfassen. Die Lizenz für beide Werke liegt auf dem deutschen Markt bei Carlsen Manga. Der Verlag veröffentlicht die Titel im Großformat mit einem speziellen Papierumschlag.
In der Rezension versuche ich, auf große Spoiler zu verzichten, bedenkt aber bitte, dass ich manchmal auch wichtige Teile der Handlung erzählen muss, um meine Meinung verständlich zu reflektieren. Wollt ihr sicher gehen, nicht gespoilert zu werden, interessiert euch aber für die Reihe, schaut in meine Rezension zu Band eins rein.
Text/Zeichnungen: Gengoroh Tagame | Originaltitel: Bokura no Shikisai | Verlag: Carlsen Manga | Kategorie: Seinen | Genre: Drama, LGBTQ+ | Preis: 10,00€ | Großformat | Weitere Informationen & Leseprobe
Inhalt
Auch wenn Sora immer noch verheimlicht, dass er schwul ist, fühlt er sich weniger einsam. Dank Nao, seiner Sandkastenfreundin, aber auch dank des Besitzers des kleinen Cafés, Shiro, fühlt er sich deutlich wohler. Begeistert von der Idee, ein Wandbild zu gestalten, sucht er nach Inspiration und ist voller Tatendrang. Doch er muss schnell feststellen, dass nicht alles einfacher geworden ist, als neue Probleme auf ihn zukommen …
Wie war’s?
Bisher hat der Highschool-Schüler Sora im Verborgenen und in der Einsamkeit seine Homosexualität gelebt. Erst durch die Entdeckung des Cafés eines erwachsenen Mannes, findet er allmählich einen Ort, an dem er selbst sein kann. Auch findet er die Kraft, sich gegenüber Nao, seiner Sandkastenfreundin, zu outen.
Zudem beschließt er, dass er das Angebot des Cafébesitzers annehmen möchte, ein Gemälde an der Wand des Cafés zu gestalten.
Auch im zweiten Band bleibt das Café für Sora ein wichtiger Zufluchtsort. Ein Ort, an dem er so sein kann, wie er ist, ohne in die Defensive zu gehen. Nach seinem Outing verändert sich die Beziehung zu Nao wieder zum Positiven. Wo er vorher auf Distanz gegangen ist, beginnt sich nun Lockerheit breitzumachen und sie beginnen wieder viel Zeit miteinander zu verbringen. Leicht ist es dabei aber keinesfalls, denn für Beide ist es noch eine ungewohnte Situation, in der sie sich erst zurechtfinden müssen. Nao aber versucht alles, um Sora das Gefühl zu geben, dass er sich auf sie verlassen kann.
Nicht nur Sora hat in diesem Band zu knabbern, auch Nao steht mit dem Rücken an der Wand. Ihre Freundin fragt sich, wieso Nao so oft mit Sora zusammen ist und wieso sie sie auch noch belogen hat. Nao setzt das sehr zu, denn sie möchte einerseits offen mit ihrer Freundin sein, andererseits aber will sie Sora nicht outen.
Sora seinerseits treibt die Frage um, ob er sich gegenüber Yoshioka outen soll und ihm seine Liebe gestehen. Und als hätte er damit noch nicht genug zu tun, werden auch in seinem Umfeld die Treffen mit Nao falsch verstanden. In diesem Bezug zeigt sich das Gespür des Mangakas für besondere Szenen. Soras Mutter denkt, dass er und Nao ein Paar sind und möchte ihm einen Ratschlag geben, um ihrem Kind eine gute Mutter zu sein. In Wahrheit aber verletzt sie ihn genau dadurch, da sie ihm das Gefühl gibt, dass Heterosexualität die Norm ist. Sie zieht überhaupt nichts anderes in Betracht.
Unsere Farben konnte zum ersten Band deutlich zulegen. Der Fokus richtet sich vor allem auf die eigene Identität sowie das familiäre und freundschaftliche Umfeld. Es geht viel darum, was man von sich preisgeben möchte und ob man bestimmte Entscheidungen in der Zukunft bereuen könnte. Insbesondere in diesem Punkt steht Shiro sowohl Sora als auch Nao mit einem offenen Ohr zur Seite und berichtet ihnen von seinen Erfahrungen in diesen Bezug, ohne die beiden Teenager in eine Richtung zu drängen.
Im zweiten Band erhalten sowohl Sora als auch Nao weitere, charakterliche Tiefe und speziell Naos Charakter wirkt nun deutlich runder. Man kann ihre Gefühle und ihre Einstellung gegenüber ihren Freunden besser greifen. Aber auch Soras Probleme werden gut dargestellt. Dass sich um Shiro ein größeres Geheimnis rankt, das konnten die Leser*innen bereits in Band eins ahnen. Zum Ende dieses Bandes wird das Geheimnis gelüftet und man kann nur erahnen, dass es besonders Sora erschüttert und viel von dem Vertrauen des Teenagers kosten wird.
Bei vielen aufgemachten Themen stellt sich aber auch die Frage, wie es dem Mangaka im Abschlussband gelingen wird, das alles unter einen Hut zu bringen, ohne in Hektik zu verfallen oder ein Thema nicht zufriedenstellend genug zu lösen.
Tagames Bilder sind sicherlich nicht das, was die Leserschaft erwartet – insbesondere nicht diejenige, die hier auf einen Boys-Love-Titel hofft. Von Bishonen-Stilen hält der Mangaka wenig und zeichnet stattdessen muskulöse, stämmige Charaktere, die aber sehr gut zum Ton seiner Erzählung passen. Auch die eher einfachen Hintergründe unterstützen sehr gut die ruhige, unaufgeregte Erzählweise des Titels.
Fazit
Unsere Farben konnte in Band zwei der kurzen Reihe zulegen. Die Handlung und die Charaktere gewinnen an Dichte. Der Mangaka überzeugt dabei mit einer ruhigen Erzählweise und schafft es die Themen rund um Homosexualität gut und verständlich rüberzubringen.
Angesichts des zum Ende begonnenen Höhepunktes rund um Shiro kann man sich fragen, ob es wirklich gelingt, die Reihe zu einem guten Abschluss zu bringen oder ob Fragen offenbleiben werden. Erfahren wird man das im Sommer dieses Jahres, wenn Carlsen Manga den Abschlussband der Reihe herausbringt.
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Andere Meinungen zum Band
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