Herzlich willkommen auf meinem Mangablog. Hier findet ihr Rezensionen zu deutschen und englischen Manga sowie Beiträge über Themen und Aspekte, die mich an dem Medium interessieren. Ab und an schaue ich auch über den Tellerrand hinaus und schnuppere in Comic-Kunst abseits Japans hinein.

Victoria’s Electric Coffin - Review

Victoria’s Electric Coffin (Band 1)

[Anzeige, da Rezensionsexemplar]

Victoria’s Electric Coffin ist der neuste Titel in Carlsens Kurotama-Lineup. Unter diesen Begriff fasst der Hamburger Verlag seit Oktober 2022 Manga zusammen, die bestimmte Kriterien erfolgen. Die Werke haben dabei gemeinsam, es sich um düstere und fantastische Manga-Reihen handelt, die “mit aufregenden Geschichten und faszinierenden Charakteren in ihren Bann ziehen”.

Bei Victoria′s Electric Coffin handelt es sich um den ersten Manga von Ikuno Tajima. Victoria no Denki Hitsugi, wie der Manga im Original heißt, wurde seit August 2019 auf dem Twitter-Account von Tajima veröffentlicht. Die offizielle Veröffentlichung begann zwei Jahre später im April 2021 in der GFantasy von Square Enix. In Buchform besteht die Reihe aus drei Bänden.

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Text & Zeichnungen: Ikuno Tajima | Originaltitel: Victoria no Denki Hitsugi | Übersetzung: Dorothea Überall | Demografische Zielgruppe: Shonen | Genre: Fantasy | Verlag: Carlsen Manga | Preis: 7,50€ | In drei Bänden abgeschlossen | mehr Informationen

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Wie war’s?

In Victoria′s Electric Coffin entführt Mangaka Ikuno Tajima die Leserschaft in das Jahr 1920. David Douglas ist gerade zu einer Todesstrafe verurteilt worden und da ihm sein weiteres Schicksal egal ist, unterschreibt er ein Dokument, mit dem er Experimente an seinem Leichnam durch eine gewisse Dr. Victoria Frankenstein zulässt.

Victoria ist gerade einmal dreizehn Jahre alt, ist aber ein Genie auf ihrem Gebiet und ist die jüngste Trägerin des medizinischen Ordens. Doch anstatt des Tods erwartet David etwas völlig anderes. Er erwacht in einem Zimmer im Haus von Victoria. Es stellt sich heraus, dass sie ihn nach seinem Tod wieder zum Leben erweckt hat. In seinem Kopf befindet sich nun eine Batterie und sein Gehirn wird mit elektronischen Impulsen gesteuert.

Victoria möchte, dass er als sogenanntes Electric Coffin den Menschen der Stadt zur Seite steht und Gutes tut. Noch dazu wird er mit einer Art Superkräften ausgestattet, die ihm ungeheure Kraft zu verleihen scheinen. Nutzt der hingerichtete Verbrecher seine zweite Chance und sein Leben für bessere Taten oder gerät er wieder auf die dunkle Seite?

Schon nach der Kurzbeschreibung ist klar, was Mangaka Ikuno Tajima als Inspiration wählt: Das klassische Werk Frankenstein von Mary Shelley. Doch schnell fällt auf, das Werk gilt wirklich nur als lockere Inspiration und Tajima wählt sich kleine Bruchstücke aus dem Roman aus, um diese für eigene Ideen zu verwenden.

Es wird die Idee der Wiederbelebung von menschlichen Leichen genutzt, ebenso werden die Namen der Charaktere aus dem Originalwerk entnommen. Aber auch hier gibt es Abwandlungen, damit die Figuren in die alternative Welt passen.

Aus Victor Frankenstein wird das junge Mädchen Victoria. Robert Walton ist im Originalwerk von 1818 die erste Figur, die wir kennenlernen. Darin ist Wissenschaftler und ist auf dem Weg zu einer Polarexpedition, als er mitten im zugefrorenen Meer auf Victor Frankenstein trifft, ihm Schutz gewährt und dadurch seine Geschichte erfährt. Im Manga wird Robert Walton zu einem Philosophen, der der Forschung von Victoria zunächst mehr als kritisch gegenübersteht, dem später aber eine Art kuriose Freundschaft zu dem Mädchen und seinem Electric Coffin zu verbinden scheint.

Ähnliches gilt für Henry Clerval, der im späteren Verlauf der Story auftaucht. Während er im Original ein wichtiger Kindheitsfreund von Victor ist, wird er hier zum Rivalen von Victoria und einem begabten Wissenschaftler. Vorkommt auch die bekannte Figur Frankensteins Braut, deren Funktion ebenfalls abgewandelt ist.

David Douglas ist einer der wenigen Charaktere, die nicht aus Shelleys Werk entnommen wurden. Als Namensgeber dürfte ein berühmter schottischer Botaniker gelten, der im 19. Jahrhundert gelebt hat.

Man kann also sagen, dass man hier sicherlich nicht auf eine Nacherzählung des viel adaptieren Originalwerks trifft, sondern Tajima lediglich Ideen und Namen aus der Novelle entnommen hat, um daraus eine eigene Welt zu schaffen. Tajima spielt mit dem Gedanken, der Wiederbelebung von Leichen, wenn auch der moralische Diskurs bislang ausbleibt.

Mit Eins, wie David nach seiner Todesstrafe heißt, treffen wir auf einen Charakter, der die Menschen nach den bisherigen Erfahrungen in seinem jungen Leben hasst und nun eine zweite Chance im Leben erhält. Mit guten Taten macht er sich schnell beliebt und hat vor allem für Victoria viel Zuneigung entwickelt. Hier kann man gespannt sein, wie weit der Manga in diesem Punkt gehen wird.

Der Band entwickelt sich zunächst langsam und es geht vor allem um kleine Abenteuer, in denen wir die menschliche Seite von Eins bzw. David zu Gesicht bekommen und sehen, wie er wieder beginnt Menschen zu vertrauen, die er zuvor so verabscheut hat. Danach kommt es zu einem Wendepunkt, der den Grundstein für die weiteren Bände legen dürfte. An dieser Stelle möchte ich aber nicht zu viel verraten. Nur so viel, dass ich nicht sicher bin, wie mir der neue Twist gefällt. Der ruhigere Ton mit einzelnen, zusammenhängenden Episoden sagt mir persönlich da mehr zu.

Ikuno Tajima liefert im Erstlingswerk grafisch einen guten Manga ab. Der Stil ist eher einfach, sauber und glatt und hebt sich dadurch nicht besonders von anderen Werken ab. Dennoch erkennt man, dass Tajima das Handwerk versteht und auch die Panels sind gut gesetzt. Die Charaktere sind unterschiedlich gezeichnet, wodurch es leichtfällt, sie auseinanderzuhalten. Tajima arbeitet in den Panels mit einigen Hintergründen, die zum Teil sehr detailliert gezeichnet wurden.

Carlsen Manga, die den Titel zu ihrem Kurotama-Lineup zählen, statten die Reihe mit Klappenbroschur und Farbseiten aus. Das Cover ist mit einem Golddruck versehen, was die Bände sehr edel erscheinen lässt.

Fazit

Mit Victoria’s Electric Coffin erhält die Leserschaft eine dreibändige Reihe in Anlehnung an Frankenstein, bei der nach Band eins aber noch nicht ganz die Richtung zu erkennen ist, in die der Titel gehen möchte. Hat man zunächst eine episodische Erzählung, scheint sich zum Ende hin ein größerer Handlungsstrang zu entwickeln.

Ich für meinen Teil fand den ersten Band solide, komplett überzeugen konnte mich das Erstlingswerk von Ikuno Tajima aber noch nicht. Da die Reihe nur drei Bände umfassen wird, werde ich aber zunächst dranbleiben.

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Bei diesem Manga handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Carlsen zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!

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