[Anzeige, da Rezensionsexemplar]
Wer Werke von Manga-Pionier Shigeru Mizuki lesen wollte, der war jahrelang auf den englischen oder französischen Markt angewiesen. Das aber hat sich geändert und der Berliner Verlag Reprodukt kann inzwischen zahlreiche Werke aus der Feder Mizukis vorweisen. Der hier vorgestellte Band ist bereits der fünfte, der hierzulande erscheint. Shigeru Mizuki – Kriegsjahre ist dabei Teil einer dreibändigen Autobiografie des Mangaka. Im Frühjahr 2021 wird diese mit dem Untertitel „Mangaka“ ihr Ende finden.
Shigeru Mizuki hat viele Facetten: Er gehört zu der Generation von Mangaka, die nach dem Zweiten Weltkrieg den modernen Manga prägten und er war einer der ersten, der Manga für Erwachsene schrieb und persönliche Erlebnisse in seinen Werken niederschrieb. Gleichzeitig hat er durch GeGeGe no Kitaro, einem seiner bekanntesten Werke einen bedeutenden Einfluss auf viele der bekannten Franchise der heutigen Zeit.
Da es sich um einen Folgeband einer Autobiografie handelt, setzt dieser erst im frühen Erwachsenenalters Mizukis ein. Interessiert euch auch seine Kindheit und Jugend, dann lohnt sich ein Blick in den ersten Band der Reihe.
Text/Zeichnungen: Shigeru Mizuki | Verlag: Reprodukt | Kategorie: Gekiga | Genre: Historisch, Autobiografie | Preis: 24,00€ | Großformat | Weitere Informationen
Inhalt
Shigeru Mizuki wird eingezogen und ist im Pazifikkrieg auf der Insel Neubritannien im Einsatz. Der junge Japaner trifft auf die Abgründe eines Krieges, kämpft mit Malaria und verliert seinen linken Arm. 1945 kehrt er zurück nach Japan, das nun unter amerikanischer Besatzung steht und muss feststellen, dass auch in der Heimat das Überleben keine leichte Aufgabe sein wird.
Wie war’s?
Der junge Shigeru ist noch keine Zwanzig, als er in den Pazifikkrieg in die kaiserliche Armee Japans eingezogen wird. Er wird nach Neuguinea geschickt, um mitten im Dschungel gegen die Amerikaner zu kämpfen. Diese Zeit des Krieges entpuppt sich als Albtraum: Schnell quält ihn der unerträgliche Hunger, sein Charakter bereitet ihm in diesem militärischen Umfeld große Schwierigkeiten. Die rigide Disziplin, die Schikanen der alten Männer gegenüber den neuen Rekruten und das Leben im Dschungel stellen ihn vor eine Herausforderung, ehe es überhaupt zu Kampfhandlungen kommt. Dann erkrankt er an Malaria, die nicht aufhören sollte, ihn während des Einsatzes zu beeinträchtigen. Er erlebt Bombardierungen, den Tod vieler Kameraden und verliert schließlich seinen Arm.
In all der Not findet er Halt bei einem lokalen Stamm, zu dem er Freundschaft schließt. Die Eingeborenen werden ihn schließlich vor Hunger, Krankheit und sogar Wahnsinn retten. Aber auch nach dem Krieg sollten schwere Jahre auf Shigeru warten, ehe er den Weg des Mangaka einschlagen würde.
Der zweite Band der Trilogie lässt sich in zwei Zeitabschnitte unterteilen. Auf den ersten cicra 350 Seiten erzählt Mizuki grob den Krieg und wie er ihn erlebt hat. Damit setzt er das Thema fort, welches im ersten Band aufgemacht wurde. Danach wird in etwa 150 Seiten über die Rückkehr nach Japan berichtet und seinen ersten Versuchen, sich ein Einkommen zu sichern. Der Ton der beiden Zeitabschnitte ist dabei durchaus unterschiedlich. Wenn auch Mizuki in beiden Abschnitten durchaus einen eigenartigen Humor beweist, ist die Atmosphäre in den finalen Seiten durchweg gelöster. Ebenfalls zu beachten ist die Zeitebene. Während der erste Teil des Bandes sich über circa vier Jahre (1942-1945) erstreckt, geht der zweite Teil ungefähr von 1945 bis zum 1958 und steckt damit deutlich mehr Geschehen auf wenige Seiten. Da bleibt auch der Wechsel der Erzählgeschwindigkeit zu weilen nicht aus und die große Dichte, die man in den Kriegsjahren spürte, fehlt. Dennoch ist es nicht so, als würde etwas fehlen. Es heißt nur deutlich mehr aufpassen, um zeitliche Sprünge nicht zu verpassen.
Mizuki hält kein Blatt vor dem Mund und man kann trotz einer gewissen Neutralität und Distanziertheit in einigen Ereignissen seine Meinung über diesen Krieg durchaus herauslesen. Er hält sich nicht zurück, den Leser*innen all die Brutalität, das Blut, den Unsinn und die Hoffnungslosigkeit aufzuzeigen. Es ist keine leichte Kost, die der Mangaka präsentiert. Einige Szenarien aber dürften erfahrenen Miszuki-Leseri*nnen bekannt vorkommen. Wie schon im ersten Band, in dem es Überschneidungen mit seinem Werk Tante Nonon gab, wird man hier Episoden aus dem Werk Auf in den Heldentod! wiederfinden.
Insbesondere im ersten Teil wird der Leser*innen mit vielen Fakten und Informationen geradezu überhäuft und so dürften sich insbesondere diejenigen schwertun, die kein großes geschichtliches Interesse mitbringen. Historische Ereignisse werden wie schon im ersten Band der Trilogie durch einer von Mizukis bekanntesten Figuren, Nezumi Otoko, erklärt und vermittelt. Er ist eine der eigenen Yokai-Kreationen des Autors und ist eine der wichtigsten Charaktere in GeGeGe no Kitaro, dem Werk, mit dem Mizuki große Bekanntheit erlangte.
Shigeru Mizuki liefert auch in diesem Werk den Zeichenstil, für den er bekannt ist: Die Hintergründe sind äußerst detailliert und fotorealistisch gezeichnet, während die Figuren einen Cartoon-Charakter haben. Trotzdem gelingt es, dass sie nicht wie ein Fremdkörper in diesen fein ausgearbeiteten Umgebungen wirken. Es fällt aber auch auf, dass einige Seiten schlechterer Qualität sind. Die Erklärung hierfür liegt darin, dass einige Seiten nicht mehr im Original vorhanden waren und für die Sammelausgabe abgezeichnet wurden.
Traditionelle Begrifflichkeiten Japans lassen sich in einem historischen Werk kaum vermeiden. Für diejenigen, die mit diesen Begriffen allerdings nicht firm sind, gibt es am Ende des Bandes ein Anmerkungsverzeichnis. Etwas Schade ist, dass hier ein redaktioneller Fehler durchrutscht. Die Seitenangaben stimmen in vielen Fällen nicht überein. Schaut man die Begriffe aber direkt beim Lesen nach, fällt das kaum ins Gewicht.
Fazit
Shigeru Mizuki weiß auch im zweiten Teil seiner Autobiografie zu überzeugen und entführt die Leser*innen in der Reise durch sein Leben dieses Mal in einen dunkleren Abschnitt. Er setzt sich mit dem Krieg und der Nachkriegszeit auseinander, lässt trotz all der Dunkelheit aber auch seinen typischen, einzigartigen Sarkasmus aufblitzen.
Shigeru Mizuki – Kriegsjahre ist auf die erwachsene Leserschaft ausgerichtet und dürfte wohl eine gewisse Reife voraussetzen, damit bestimmte Zusammenhänge besser verstanden werden. Der Titel ist insbesondere den Leser*innen zu empfehlen, die sich mit einem der Größen in der japanischen (Manga-) Geschichte auseinandersetzen möchten und sich nicht davor scheuen abseits des bekannten Mainstreams zu lesen.
Weitere rezensierte Bände der Serie
Bei diesem Band handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise von Reprodukt zur Verfügung gestellt worden ist. Vielen Dank dafür!
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1. September 2021 at 15:02